Innerhalb von nur drei Monaten landeten im vergangenen Jahr bei Josua Cyr über 4000 Spam-Mails in seinem elektronischen Briefkasten. Die Post sollte ihm nicht etwa zu einer hormonellen Glückseligkeit oder einer besonders exklusiven Rolex-Uhr verhelfen. Es handelte sich ausschließlich um Börsen-Empfehlungen, doch in diese oder jene aussichtsreiche Aktie zu investieren. Die Flut trieb den Amerikaner derart auf die Palme, dass er eine Webseite spamstocktracker.com
einrichtete – und die Entwicklung nun schon über ein Jahr lang beobachtet.
Das Ergebnis seiner Recherchen verwundert kaum. Hätten Anleger tatsächlich in die Nebenwerte investiert, müssten sie in der Regel mit dem Totalverlust ihrer Geldanlage rechnen. Weil sich unter den gelisteten Titeln aber auch ein paar finden, deren Kurs gelegentlich auch längerfristiger ansteigt, dürfte Stock- beziehungsweise Börsen-Spam auch weiterhin ein probates Mittel sein, um die Kurse in die eine oder andere Richtung zu treiben. Mittlerweile macht diese Variante auch hierzulande mit steigender Tendenz die Runde, wie sich dem deutschen Forum antispam.de entnehmen lässt.
Kasse machen die Spam-Autoren aber erst mit einer entsprechend großen Masse spekulationshungriger Anleger. Schaut man sich den Kurs einer bestimmten Aktie an, die über Börsen-Spam beworben wurde, lassen sich kurzfristig tatsächlich Zuwächse um einige Cents feststellen. Rechnet man diese hoch, so ergeben sich durchaus messbare Effekte. Und zwar ganz einfach deshalb, weil von einer Million Spam-Empfängern ein bestimmter Prozentsatz tatsächlich den Empfehlungen folgt. „Im Gegensatz zur New Economy-Welle, bei der auch konservative Anleger viel Geld verloren haben, investieren vor allem Zocker mit Spielcasino-Mentalität in derartige Börsenwerte“, sagt Jürgen Kurz, Pressesprecher bei der deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz e.V. (DSW) in Düsseldorf.
Fallen nur fünfhundert private Investoren auf die Masche herein, dürfte sich der Aufwand für den Spammer und dessen Hintermänner bereits gelohnt haben, denn diese haben das Papier vor dem Spam-Versand bereits geordert – und verkaufen nach dem Abebben der Welle sofort wieder. Mitunter kommt es auch zu wiederholten Versuchen, wenn der Trick nicht gleich funktioniert. Kommt ein Stock-Spam für ein bestimmtes Papier nur einmal, so ist davon auszugehen, dass der Autor und potentielle Trittbrettfahrer bereits damit „abgezockt“ haben. Wird dieselbe Aktie mehrfach per Stock-Spam beworben, so ist zu vermuten, dass der Spammer den gewünschten Preis nicht erzielen konnte und es daher nochmals versucht.
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