Durchgestartet: Die Auto-Industrie setzt auf Web 2.0

Harvard-Professor Clayton Christensen bezeichnet derartige Konzepte als „ruled-based modularity“ (rollenbasierte Modularität). Unterschiedliche IT-Ressourcen spielen demnach besser zusammen, statt wie bisher das Innovationspotenzial nur aus einer strengen eingleisigen Linienhierarchie zu beziehen. Jede einzelne Stelle in der komponentenbasierten Entwicklung ist durch regelbasierte Verknüpfungen in diesen Prozess eingebunden. Als Beispiel für den Wandel in der Branche nennt Christensen General Motors (GM), wo das Prinzip „alles selbst zu machen“ durch eine unter vielen Partnern aufgeteilte Wertschöpfungskette abgelöst worden sei.

Mit Linux, Apache, MySQL und PHP seien entsprechende Tools für einen offeneren Innovationsprozess bereits verfügbar, argumentiert Christensen. Dennoch sind dezentral organisierte Open-Source- beziehungsweise Web 2.0-Technologien auch ein permanenter Unruheherd für zwar stabile, aber womöglich trotzdem ineffektive Unternehmensprozesse. „Auf der anderen Seite fehlen heute aber noch fundierte Konzepte und Lösungen, um die Zielkunden überzeugen zu können“, gibt Cornelia Staib von SupplyOn zu bedenken. Allerdings feilen IT-Konzerne wie Microsoft, SAP und Google bereits an passenden Infrastruktur- und Systemkomponenten, auf deren Basis tragfähige Konzepte in nicht allzu ferner Zeit umsetzbar sind.

Der eigentliche Nutzen von Web 2.0 liegt aber nicht unmittelbar in der Technologie, sondern in einem besseren Kommunikationsverhalten. Ähnlich wie im privaten Bereich könnten im geschäftlichen Bereich Wikis, Blogging-Plattformen sowie andere Elemente nicht nur als Marketingplattformen oder zur Kundenpflege genutzt werden, um das in der Branche vorhandene Wissen effizienter als bisher auszutauschen. So stellt die Entwicklung von Automobilkomponenten sowie der notwendigen Produktionsanlagen aufgrund des starken Wettbewerbsdrucks erhebliche Anforderungen an die Ingenieure in der Projektarbeit.

Die hochgesteckten Qualitäts- und Kostenziele in der Automobilindustrie lassen sich nur mit erfahrenen und innovativen Ingenieuren erreichen. Die hohe Anzahl an Rückrufaktionen in der Automobilindustrie und die damit verbundenen Kosten, die teilweise zwei bis zu dreistelligen Millionenbeträge ausmachen, haben den Anpassungsdruck an neue Entwicklungen kontinuierlich erhöht. Sinnvoll wären Wikis und Weblogs, um etwa in einer „Community“ gemeinsam technische Lösungen zu finden und zu optimieren.

Während es im Bereich der Unternehmenssoftware durchaus üblich ist, dass IT-Mitarbeiter in Foren, Blogs oder User-Treffen ihre Erfahrungen austauschen, nutzen Unternehmen diese Option selten, um ihr eigenes Kerngeschäft zu stärken. In Konzernen und Partnernetzwerken könnte der Wissensaustausch kostenneutral erfolgen. Unternehmen, die keine direkte Geschäftsbeziehung unterhalten, könnten das Wissen dann entweder „verkaufen“ oder zu aushandelbaren Bedingungen „tauschen“.

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ZDNet.de Redaktion

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