Google verunsichert die TV-Industrie

Während es Stoiber vor allem um die gesellschaftlichen Folgen des Medienwandels ging, fürchten Verantwortliche der klassischen Massenmedien vor allem, dass die Werbebranche ins Internet abwandert. Tatsächlich bieten sich dort deutlich mehr Möglichkeiten als etwa im vergleichsweise hoch regulierten Fernsehen. Marketiers hoffen, Werbefilme bei Youtube und Co. zwischen den für die jeweilige Zielgruppe interessanten Internet-Videos einstreuen zu können. In Auftragsvideos sind zudem die Möglichkeiten für Produkt-Placement (früher: Schleichwerbung) nahezu grenzenlos – und werden vielleicht sogar akzeptiert, wenn der Plot beim Zielpublikum verfängt. Hinzu kommen die technischen Möglichkeiten des Internets für kontextsensitive Werbung.

Hubert Burda, Vorstandsvorsitzender von Burda Media, mahnt die Fernsehmacher, sich auf die Stärken der jeweiligen Medien zu besinnen. Das One-to-Many-Broadcasting bewähre sich, wenn es um reine Unterhaltung gehe oder um Inhalte mit besonders aktuellem und breitem Interesse. Via Internet übertragene Strassenfeger wie manche Spielfilme oder Sportübertragungen zwingen die Server gerade bei unerwartet großem Interesse leicht in die Knie. Zudem sei IP-TV als Vertriebsweg für die Massenmedien derzeit noch zu teuer.

Dafür fordere das Web als interaktives Medium zum Mitmachen auf und könne hervorragend der Zuschauerbindung dienen, ergänzte Burda. Wiederholt warnt er in diesem Zusammenhang vor der Konkurrenz durch Web-2.0, ohne sich jedoch genauer zu erklären. Vielmehr wird dem Verleger von Fernsehseite entgegengehalten, er habe nicht registriert wie sehr die Web-Autritte der Medien mit Blogs und ähnliche Modellen längst auf solche Entwicklungen reagiert hätten. Astra-Chef Ferdinand Kayser kündigte daraufhin an, eine Settop-Box anbieten zu wollen, über die neben Fernsehprogrammen über DVB-T auch Online-Dienste nutzbar seien.

Guillaume de Posch, Vorstandsvorsitzender von Prosiebensat.1, fordert als Reaktion auf das Internet, maßgeschneiderte Inhalte extra für die neuen Vertriebswege wie Internet oder Handy zu produzieren. Ihm wird daraufhin, stellvertretend für alle Sendeanstalten, vorgeworfen, diese drückte seit Jahren die Preise der Produktionsfirmen derart, dass dort für Kreativität und (finanziell) gewagte Experimente mit neuen Formaten keine Reserven mehr vorhanden seien.

Generell waren sich die Medienschaffenden einig, dass die bisherigen Geschäftsmodelle der Massenmedien ausgedient, die neuen sich aber noch nicht materialisiert hätten. Das ist in dieser Branche ein ziemlich alarmierendes Statement, weil sich hier Politik, private und öffentliche Rundfunker und zunehmend auch Netzbetreiber und Mobilfunkanbieter über neue Nahrungsketten einigen müssen. Seit Jahren ungelöst ist zum Beispiel das Problem, ob die die Netzbetreiber für Content zahlen sollen, oder umgekehrt die Inhalte-Anbieter für die Durchleitung ihrer Filme.

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ZDNet.de Redaktion

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