Internet macht Bombenbau zum Kinderspiel

Wie eine Recherche des deutschen Fernsehsenders NDR aufgedeckt hat, gibt es mehr als 200.000 deutschsprachige Anleitungen zum Bombenbau im World Wide Web. Häufig sind die betreffenden Seiten tief und gut geschützt im Internet vergraben. Sie werden nur selten von Suchmaschinen erwähnt. Dennoch ist es für die interessierte Klientel ein Leichtes, sich die gewünschten Anleitungen zu besorgen. „Meist läuft dies über Mundpropaganda. Leute, die tatsächlich in solchen Kreisen verkehren, kennen sich damit aus und wissen, wo etwas zu finden ist“, so Kai Küstner, Redakteur beim NDR. Natürlich fänden sich aber auch eine Reihe an Anleitungen in den Trefferlisten der gängigen Suchmaschinen.

Der IT-Experte Bert Weingarten von der Softwarefirma PAN AMP hat eine eigene Suchfunktion entwickelt, mit der sich die versteckten Bombenanleitungen im so genannten Deep Internet aufspüren lassen. Laut Weingarten reiche die Palette von Briefbomben bis hin zu detaillierten Anweisungen, einen Personenzug in die Luft zu jagen.

Die erforderlichen Einzelteile zum Bombenbau seien meist ganz unkompliziert im Baumarkt und der Apotheke zu finden. Von den Behörden wird die Thematik bislang hauptsächlich ignoriert. „Von Weingarten wissen wir zum Beispiel, dass er sich mit aufgespürten Webseiten häufiger an die Polizei wendet, die jedoch nicht darauf reagiert“, erklärt Küstner.

Es gibt zwar in Deutschland ein Gesetz, nach dem die strafrechtliche Verfolgung von Verfassern solcher Bombenbastler-Seiten möglich wäre, die Juristen sind sich bislang allerdings uneinig über die Auslegung des betreffenden Paragrafen 130a im Strafgesetzbuch. „Wir befinden uns hier in einer Grauzone. Meines Wissens werden diese Dinge in anderen Ländern wie Großbritannien sehr viel strenger gehandhabt“, so Küstner. Zumindest stehe im deutschen Gesetzestext aber geschrieben, dass sich eine Person strafbar macht, die eine Schrift verbreitet, die geeignet ist, als Anleitung zu einer schweren Straftat zu dienen.

Ein Verbot von Bombenanleitungen im Internet würde zwar das Problem nicht grundlegend beheben, wäre aber ein erster Schritt. „Natürlich könnten Interessierte auch auf englischsprachige Seiten ausweichen, aber Deutschland sollte sich jedenfalls einmal um die deutschsprachigen Anleitungen kümmern“, meint Küstner.

Die deutsche Regierung sieht offenbar einige Schwierigkeiten in der Strafverfolgung. Die Masse an Webseiten erschwere es den Behörden, den Fällen nachzugehen, so ein Sprecher des Bundesministeriums gegenüber dem NDR. Und der Bund Deutscher Kriminalbeamter bemängelt seinerseits, dass es mit der derzeitigen Ausstattung der Polizei kaum möglich sei, die Internetkriminalität effektiv zu bekämpfen.

ZDNet.de Redaktion

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