Als sich vor zwei Jahren das Licht am Ende des Krisentunnels andeutete, sagte sich auf der CeBIT Wildwuchs an. Jeder wollte sich mit irgendetwas für den erhofften Aufschwung positionieren. Funketiketten, Seamless Roaming, Virtualisierung, bahnbrechende UMTS-Anwendungen (sprich: MP3-Funktionen), das Bildtelefon in Verbindung mit IP-Telefonie und vor allem das digitale Wohnzimmer, inklusive des x-ten Anlaufs für Triple Play (Fernsehen, Internet und Telefonie über eine Leitung).
Insbesondere der Multimedia-Rummel sorgte bei den Business-IT-Anbietern – schon wegen des Lärms – für viel Ärger. Doch die Konvergenz von Consumer- und Business-IT galt als der Trend der Zukunft. Gemeint war damit vor allem das Vollstopfen von Handys mit Push-E-Mail (Blackberry), Fernsehen, IP-Telefonie, UMTS und vieles mehr. Es grassierte die Vorstellung, dass Innovation von der Consumer-Elektronik getrieben würde, um erst in einem zweiten Schritt in Business-Anwendungen zu münden.
2006 versuchte der Messeveranstalter daher den Spagat: Die angeblich so innovative Lifestyle-Fraktion wurde hoch gelobt, aber zugleich in die Hallen 2 und 27 abgestellt. Diese Strategie scheiterte gleich in zweifacher Weise: Zum einen ließ sich die Isolation nicht durchhalten, weil im Jahr der medienträchtigen Fußball-WM auch die klassischen Aussteller wie Fujitsu-Siemens, Intel oder Microsoft ihre Multimedia-Kompetenz unabhängig vom Standort unter Beweis stellen wollten. Zum anderen rächte sich das Konzept, weil in diesem Jahr vor allem Anbieter von Consumer-Geräten reihenweise zugunsten der Internationalen Funkausstellung (IFA) in Berlin absagten. Vor allem die Handy- und Mobilfunkfraktion ist abgewandert. Triple Play, Handy- und Internet-TV sowie das Digitale Wohnzimmer sollen ihren Durchbruch nun in Berlin erleben.
Diese Trennung der Bereiche zeigt, dass sich die Verschmelzung von Consumer- und Business-IT zumindest teilweise als Illusion erweist. Die Produkte mögen auf der gleichen Basistechnik beruhen – um damit Kunden zu locken, kommt es jedoch auf die Ausprägung an. Den Konsumenten interessiert nicht, ob sein HD-ready-TV-Plasma-Bildschirm über eine Variante des Windows-Betriebssystems zu bedienen ist. Er ärgert sich lediglich darüber, dass die Fernsehprogramme weder inhaltlich noch bildtechnisch an Qualität zugelegt haben. Umgekehrt gelten den meisten Manager die Fotografier- und MP3-Funktionen ihres Handys lediglich als Gimmicks, ihren CIO dagegen als potenzielle Gefahr für Malware oder Industriespionage. Unternehmen interessiert, ob ihre Mitarbeiter unterwegs tatsächlich mit den vertrauten Business-Anwendungen arbeiten können.
Die Fraktion um die IBM, die im vergangenen Jahr so vehement gegen den Consumer-Rummel gewettert hatte, müsste jetzt zufrieden sein. Doch das Fernbleiben der Mobilfunker, Notebook- und Peripherie-Hersteller (Fotoapparate, Drucker, Bildschirme, MP3-Player und so weiter) könnte sich als Pyrrhussieg erweisen. Denn die Business-Produkte von Nokia und Lenovo fehlen nun ebenfalls. Für die Messegesellschaft führen die zum Teil sehr spät eintreffenden Absagen zu einem herben finanziellen Verlust. Statt eines erwarteten Gewinns von knapp elf Millionen Euro zeichnet sich nun ein Verlust von knapp sechs Millionen Euro ab. Die CeBIT wird bei Umsatz und Ausstellungsfläche um rund 15 Prozent schrumpfen. Für die kommende CeBIT kommt ein Strategiewechsel zu spät, für 2008 aber wird bereits fieberhaft daran gearbeitet.
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