Zukunftsoption: ERP auf Basis von Open-Source-Software

Ein gutes Beispiel bietet hier Godesys. Dessen eben angekündigte Entwicklungsplattform setzt sich nicht nur aus Open-Source-Komponenten zusammen, sondern wird auch im Quellcode kostenlos abgegeben. Die mit der Plattform entstehenden ERP-Komponenten oder Services lassen sich dann technisch leicht in die Godesys-Umgebungen einbinden. Ob die Integration auch betriebswirtschaftlicher Funktionen einigermaßen reibungslos gelingt, hängt stark von der Tauglichkeit der SOA-Standards und deren Umsetzung in den Unternehmen ab. Ziel von Godesys ist es, über Open-Source-Marketing und dem Versprechen einfacher Diensteintegration Entwickler und Anwender auf die Godesys-Plattform zu locken. Dabei nimmt das Unternehmen anders als etwa Sage oder SAP in Kauf, dass der Umsatz mit dem Verkauf eigener ERP-Komponenten zurückgeht, und hofft, dass der Anteil am Service-Geschäft steigt.

Godesys wird damit noch längst nicht zur Open-Source-Company. Firmengründer Godelef Kühl versteht sich nach wie vor als Anbieter betriebswirtschaftlicher Software, also von in Technik implementiertem (Geschäfts- und Branchen-)Know-how. So müssen die mit der neuen Open-Source-Plattform entwickelten ERP-Komponenten ihrerseits keineswegs quelloffen sein. Entsprechend soll es kostenlose Basis-Dienste im Open-Source-Modell geben, darüber hinausgehende Funktionalität aber wird herkömmlich angeboten und bepreist. Das könnte langfristig zur Folge haben, dass Godesys-Betriebswirtschaft in einer offenen und geschlossenen Variante angeboten wird, wie das etwa bei der My-SQL-Datenbank der Fall ist. Es könnte aber auch auf ein weit serviceorientierteres Konzept hinauslaufen. Schließlich spricht derzeit wieder alle Welt von „Software as a Service“ (Saas) – einem unter dem Kürze ASP bereits einmal gescheiterten Konzept.

Kühl gibt sich abwartend und will sich beim Geschäftsmodell an den Marktentwicklungen orientieren. Generell geht er davon aus, dass sich ein gemischtes Verfahren etabliert – auch weil die Kunden Open Source in geschäftskritischen und konkurrenzwichtigen Bereichen nicht akzeptieren würden. Zudem sei die Haftung für Fehler in OSS nicht immer geklärt.

Auch wenn Godesys deutlich weiter geht als Sage, wird auch hier OSS vor allem aus Marketing- und Standardisierungsgründen geschätzt. Anders als SAP oder Microsoft sehen mittelständische Anbieter keine Chance, eigene Standards à la Netweaver oder Dotcom setzen zu können. Angesichts des anhaltenden Konzentrationsprozesses, sehen viele ihre Überlebenschance in der Nutzung offener Standards, mit denen sich Entwicklungskosten sparen lassen und die Kooperationen mit bisherigen Konkurrenten ermöglichen. SOA etwa eröffnet die Perspektive, als Dienste-Lieferant in Saas-Umgebungen zu reüssieren. Der Wettbewerb läuft dort – aber zum Teil schon jetzt – über betriebswirtschaftliches Know-how, Branchenkenntnisse, Servicequalität und generell über Kundenzufriedenheit.

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ZDNet.de Redaktion

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