Die Europäische Kommission hat sich vorläufig gegen eine gesetzliche Regelung des Gebrauchs von RFID-Tags entschieden. Bei einer Diskussionsveranstaltung in Washington warnte Gerald Santucci von der Europäischen Kommission jedoch, dass ein Gesetz kommen werde, wenn grundlegende Persönlichkeitsrechte nicht geschützt würden. Santucci fürchtet, dass zu schnell eingeführte Beschränkungen für Unternehmen, die RFID-Technik einsetzen wollten, schädlich für die Entwicklung nützlicher Anwendungen seien. Solche Anwendungen wären zum Beispiel im Gesundheitswesen, im Geschäftsbereich oder bei öffentlichen Verkehrsmitteln vorstellbar. Wenn die Regulierungsbehörden aber den Eindruck hätten, dass die RFID-Technik nicht genügend sicher und anonym sei, dann „hätte Frau Reding keine andere Wahl, als ein Gesetz auf den Weg zu bringen.“
Mit dem Zitat bezog sich Santucci, Vorsitzender der Einheit „Vernetztes Unternehmen und Radiofrequenzidentifikation (RFID)“, auf eine Erklärung von Kommissionsmitglied Viviane Reding. Die Kommissarin für Informationsgesellschaft und Medien hatte gesagt, dass die EU-Kommission bis zum Ende des Jahres anstelle eines Gesetzes Richtlinien entwickeln wolle. Diese wären für Santucci ein Art „weiches Gesetz“, das die Vorstellungen der Kommission über Datenschutz und Sicherheit ausformuliere. Um die Richtlinien zu entwickeln, plane man in den nächsten Monaten, eine Gruppe von 25 bis 30 Mitgliedern zu bilden, die alle Facetten des Themas RFID repräsentieren. Ende 2008 werde die Kommission abwägen, ob eine Gesetzgebung notwendig sei. Wie restriktiv die Gesetze sein würden, ist noch unklar.
Laut Santucci ist diese Lösung zur Zeit die beste, weil es typischerweise drei Jahre dauere, bis ein Gesetz die Europäische Kommission passiert habe. In dieser Zeit wären RFID-spezifische Regelungen aber schon wieder veraltet. Sollte die Kommission tatsächlich entscheiden, neue Gesetze zu erlassen, dann würden sich diese deshalb nicht nur mit RFID befassen.
Zwei Drittel der Menschen, die bei einer öffentlichen Anhörung der Kommission ihre Meinung zu RFID äußerten, sagten laut Santucci, dass sie sehr voreingenommen gegen den Einsatz der Chips seien. Dieses „Vertrauensproblem“ führe er auf mangelndes Verständnis für die Funktionsweise der Technik zurück. Er schlug vor, dass Regierungen und die Industrie weltweit für den Schutz der Privatsphäre beim Einsatz von RFIDs sorgen sollten. Andererseits sollten sie aber auch gemeinsam deutlich machen, „warum RFID die Lebensqualität der Bürger entscheidend verbessern kann“.
Befürworter von RFIDs führen an, dass die Technik eine Vielzahl von Fortschritten bringe. Sie könnten Fehler im Operationssaal verhindern, Händlern beim Verwalten ihrer Waren helfen oder Ärzte dabei unterstützen, Senioren und bettlägrige Patienten von der Ferne aus zu überwachen. Die Vision eines uneingeschränkten Einsatzes von RFIDs hat andererseits zu einem Aufschrei bei Bürgerrechtsgruppen geführt, die sich Sorgen um geheime Überwachung, unbefugtes Sammeln von Daten und anderen Missbrauch machen.
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