Die digitalen Medien werden das Fernsehen, Zeitungen und andere Publikationsformen radikal verändern. Das hat Bill Gates zur Eröffnung des Strategic Account Summit 2007 in Seattle verkündet, einer Microsoft-Konferenz für führende Werbetreibende.
„Menschen unter 50 werden in fünf Jahren fast keine Telefonbücher mehr benutzen“, sagte Gates vor mehr als 1000 Zuhörern aus dem Bereich Werbung, Verlagswesen und Technik. Zudem werde es auch einen „unaufhaltsamen Rückgang“ beim Gebrauch von gedruckten Zeitungen als Informationsmedium geben. Gleiches gelte für lokale Nachrichten. „Es ist ein hartes Ringen für die Menschen im Zeitungsgeschäft.“
Microsoft selbst sieht sich ebenfalls einer harten Konkurrenz gegenüber. Gates und andere Microsoft-Manager betonten aber, dass sie noch immer im Geschäft seien, obwohl sie in letzter Zeit einige wichtige Chancen verpasst hätten und darum kämpften, auf dem Markt der Suchmaschinen besser Fuß zu fassen.
Kevin Johnson, Vorstand von Microsofts Windows- und Werbe-Sparte, hatte allen Konferenz-Teilnehmern per E-Mail versichert, dass sein Unternehmen auf lange Sicht auf dem Werbemarkt mitspielen wolle. „Einige von Ihnen haben sich gefragt, ob wir uns nach der Ankündigung des Erwerbs von Doubleclick durch Google weiter engagieren würden“, schreibt Johnson. „Viele haben auch Sorge über die Wirkung geäußert, die solch ein Kauf auf die Online-Werbelandschaft haben wird. Wir teilen Ihre Sorgen. Aber wir haben ein Auge auf diesen Geschäftsbereich und werden weiter große Investitionen auf dem Gebiet tätigen sowie nach Partnerschaften suchen.“
Microsoft arbeitet noch daran, Google auf Gebieten wie der Online-Suche einzuholen. Zusätzlich sucht das Unternehmen aber auch nach neuen Techniken, um neue Web-Inhalte und Werbeformen zu entwickeln. „Zu glauben, dass das jetzt schon das Endspiel ist, wäre albern“, sagt Gary Flake, ehemaliger Yahoo-Manager und nun Chef von Microsofts Live Labs.
Microsoft demonstrierte unter anderem, wie die Seadragon-Technik zum Scrollen großer Bilder den Weg für eine neue Art von Werbung bahnen könnte. Dabei enthielte eine kleine Anzeige eine komplette Broschüre oder sogar einen Produktkatalog. Im Browser könne man zuerst nur die Anzeige sehen. Ein potentieller Kunde könnte aber in das Bild hineinzoomen, um Detailfotos und genaue Produktinformationen zu bekommen. Laut Flake wird Seadragon bei Microsoft „Anzeige mit unendlichem Zoom“ genannt.
Flake stellte auch noch eine andere Bildtechnik von Microsoft vor, die so genannte Photosynth. Mit ihr stellt man aus einer Sammlung von 2D-Fotos eines Ortes ein dreidimensionales Bild her. In der Vergangenheit habe Microsoft diese Technik als Möglichkeit vorgeführt, mit der Anwender Touristenattraktionen und Landschaften betrachten könnten. Aber man könne diese Technik auch dazu nutzen, virtuelle Schaufenster aufzubauen, so Flake.
„Wir nennen das im Scherz ‚One and a Half Life'“, sagt Flake. Denn die Technik befinde sich auf halbem Wege zwischen dem Web und der virtuellen Welt Second Life. Er habe schon mit einigen Partnern gesprochen, ob Second Life tatsächlich eine neue Möglichkeit für E-Commerce sei. „Irgendwie wollen sie es tun, vielleicht, weil es so cool ist. Aber sie haben keinen Ehrgeiz, dabei Geld zu machen, und erwarten das auch nicht.“
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