Eine US-Richterin hat entschieden, dass Torrentspy die Daten seiner User für eventuelle Klagen speichern muss. Nach dieser Verfügung sind selbst die RAM-Daten eines Computers beziehungsweise Servers ein relevantes elektronisches Dokument, das gespeichert und bei Bedarf in einem Prozess ausgehändigt werden muss.

Um zu beweisen, dass Torrentspy den Austausch von Dateien vereinfacht, erklärte der US-Filmverband MPAA vor Gericht, dass er dafür auch die Userdaten benötigt, die in den RAM-Speichern vorhanden sind. Richterin Jacqueline Chooljian bestätigte diese Ansicht und forderte die populäre Bittorrent-Suchmaschine auf, damit zu beginnen, Daten der User zu speichern und an die MPAA auszuhändigen, wenn auch ohne Verwendung der IP-Adressen. Torrentspy hat gegen dieses Urteil Berufung eingelegt. Noch ist nicht klar, wann die Anhörung dazu stattfindet.

Falls der Rechtsspruch mit den drastischen Verfügungen rechtsgültig wird, könnte jeder Angeklagte in einem öffentlichen Gerichtsverfahren dazu aufgefordert werden, Informationen in der RAM-Hardware seines Computers an den Kläger auszuhändigen. Dies wiederum würde Unternehmen dazu nötigen, massive Mengen an Daten zu speichern. Anonymität im Internet war schon früher fast unmöglich. Diese Gerichtsentscheidung berührt die Privatsphäre der Nutzer. Sie macht es noch schwerer anonym zu bleiben, urteilen Industrieexperten.

„Die Sorgen der User über eine Invasion ihrer Privatsphäre sind durchaus berechtigt. Es ist Besorgnis erregend, dass private Unternehmen und Personen durch diese Entscheidung Werkzeuge und Daten besitzen werden, die vorher nur Staatsanwälten zur Verfügung standen“, so der Rechtsexperte Ken Withers von der Sedona Conference, einer unabhängigen Forschungsgruppe. „Juristisch gesehen befürchte ich eine enorme Ausweitung des Umfangs und der Anzahl von Ermittlungsverfahren.“ Scheinbar sei es ein Trend der Gerichte, die Möglichkeiten für Anwälte in Ermittlungsverfahren massiv auszubauen und diese sozusagen mit Massenermittlungswaffen auszustatten. „Die Anordnung, Torrentspy solle die Useraktivitäten aufzeichnen und der MPAA übergeben ist beispiellos“, so Withers.

Auch von den Computertechnikern wird gegen den Entscheid protestiert. „Auf der technischen Seite irrt die Richterin, denn der RAM-Speicher ist mitnichten eine elektronisch gespeicherte Information. RAM ist der nur jeweils kurzzeitig und temporär genutzte Arbeitsbereich eines Computers. Daten werden im Gegensatz zur Festplatte hier nicht ständig aufbewahrt. RAM ändert sich potenziell einige Milliarden Mal pro Sekunde. Die Anordnung der Richterin hat nichts mit technischem Sachverstand zu tun“, sagt Dean McCarron, Analyst bei Mercury Research.

Er schlägt vor einen so genannten Tap zu installieren, durch den allerdings auch IP-Adressen und andere Informationen über die User aufgezeichnet würden. Zudem müsste das entsprechende Unternehmen enorme Datenmengen speichern. Das wiederum ist mit hohen Kosten verbunden.

Natürlich sehen die Anwälte der Urheberrechtsinhaber das völlig anders und unterstützen die Entscheidung der Richterin Chooljian. „Zum Nachteil für Torrentspy hat die Entscheidung der Richterin womöglich das Ende einer Ära eingeläutet. Falls die Anordnung zur Anwendung kommt, wird die MPAA Daten der User von Torrentspy erhalten und somit den Missbrauch geistigen Eigentums weiter eindämmen“, so Richard Charnley, Anwalt aus Los Angeles.

„Da Torrentspy die IP-Adressen schwärzen darf, ist die Privatsphäre von niemandem gefährdet. Auch die Aufregung über die Entscheidung der Richterin bezüglich RAM ist übertrieben. Gerichte haben den RAM schon seit langem als elektronisch gespeicherte Information angesehen“, so Lauren Nguyen, Anwältin für MPAA.

Die Tragweite der Entscheidung wird deutlich, wenn man in Betracht zieht, dass viele Webseiten ihren Usern versprechen, deren Informationen nicht weiterzugeben. Einige, wie Torrentspy, deaktivieren dazu die Aufzeichnungsfunktion ihrer Server, die die IP-Adressen und Aktivitäten speichert. Allerdings wird es Datenpiraten dadurch einfacher gemacht, im Verborgenen zu agieren. Der Filmindustrie könnte ein erheblicher finanzielle rSchaden zugefügt werden.

„Dieser Eingriff in die Privatsphäre macht es die Sache fast nicht mehr wert. Allein die Vorstellung, dass meine Daten ohne Einverständnis weitergegeben werden, ist beunruhigend. Allerdings kann ich wohl kaum protestieren, wenn ich etwas Illegales mache“, sagt ein Filesharing-User, der anonym bleiben möchte.

ZDNet.de Redaktion

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