Am Montag musste Yahoo-CEO Terry Semel, langjähriger Unternehmenschef und Verwaltungsratsvorsitzender des Internetkonzerns, seinen Stuhl räumen. Seine Aufgaben übernimmt ab sofort Mitgründer Jerry Yang. Er soll das Ruder herumreißen – auch wenn das möglicherweise den Verkauf des Unternehmens bedeutet.
Der ehemalige Technikstudent Yang, der die Firma aus der Uni heraus mit gründete, wird Semels CEO-Posten erst einmal übergangsweise ausfüllen. Semel wird zum non-executive Chairman. Susan Decker, vormals Chief Financial Officer, wird Präsidentin der Gesellschaft. Die Yahoo-Spitze gab damit teilweise dem Druck der Aktionäre nach, die bereits seit Wochen forderten, dass an der Spitze Köpfe rollen sollen.
Besonders Terry Semel wurde dafür verantwortlich gemacht, dass die Umsätze von Yahoo vergleichsweise schleppend steigen, während die Konkurrenz satte Gewinne einfährt. Vor allem der wachsende Abstand zu Marktführer Google wurde mehr und mehr als schmerzlich empfunden. Jetzt soll Yang die Firma neu positionieren. Möglicherweise für eine enge Partnerschaft mit Riesen wie Microsoft. Es ist auch die Rede von einer Verkaufsabsicht: Time Warner, AOL, Myspace, CNBC werden laut Reuters in den USA als mögliche Kandidaten für das eine oder andere gehandelt.
Kim Caughey, Analyst bei der Investmentfirma Fort Pitt Capital Group und Microsoft-Spezialist, sagte, dass die Anleger klare Erwartungen mitbrächten. Sie betrachteten es als ausgemacht, dass die neue Spitze alle Möglichkeiten von Merger und Acquisitions übergelegen werde, so Caughey. Gleichzeitig mit dem Umbau an der Spitze korrigierte Yahoo die erwarteten Geschäftszahlen auf 1,2 bis 1,3 Milliarden Dollar im laufenden Geschäftsjahr, abzüglich der Zahlungen an Werbepartner. Der 38 Jahre alte Yang, der die Firma 1994 zusammen mit David Filo gegründet hatte, will Yahoo zu neuem Glanz verhelfen. Sein primäres Ziel nannte er, „eine lebendige, unabhängige Firma“ zu bauen.
Bei Semel war die Frage der Strategie nach Meinung einiger Aktionäre nicht klar gewesen. Sie warfen ihm bei der aktuellen Hauptversammlung vor, keine konkreten Pläne zu haben, wie das Unternehmen gegenüber Rivalen wie Google wieder Boden wettmachen wolle. „Das vergangene Jahr war ein schwieriges Jahr für Yahoo“, sagte Semel. „Ich weiß, dass keiner von uns mit den Ergebnissen zufrieden ist.“
Wie es bei Reuters hieß, gelte der Umgang Yahoos mit dem von ihm zugekauften Online-Fotodienst Flickr als symptomatisch für Semels mangelhafte Strategie. Yahoo habe die Site vernachlässigt und nicht alles ausgeschöpft, was sie hätte hergeben können. So existierte das Web-2.0-Vorzeigeprojekt parallel zu Yahoos eigenem Fotodienst. Neue, unter Yahoo eingeführte Features wie eine Kamerasuche wurden schlecht vermarktet.
Der Ära Semel wird auch eine mangelhafte Kommunikation im Umgang mit Kunden und Presse nachgesagt. Als beispielsweise vergangene Woche auch eine deutschsprachige Version von Flickr gestartet wurde, führte Yahoo auch eine Pflicht zur Selbstkategorisierung hochgeladener Fotos ein. User fanden jedoch schnell heraus, dass sich in der deutschsprachigen Version über die Suchfunktion nur als unbedenklich markierte Bilder auffinden ließen. Yahoo reagierte auf die folgenden Proteste der User sehr spät und sehr vage, hieß es.
Aufsehen erregte jüngst auch ein internes Memo von Vizepräsident Brad Garlinghouse – „das Erdnussbutter-Manifest“ -, das über das Wall Street Journal publik wurde. In dem Papier fordert Garlinghouse einen Stellenabbau von rund 20 Prozent der weltweit 10.000 Mitarbeiter und kritisiert unter anderem die unübersichtliche Führungsstruktur des Unternehmens. Yahoos Investmentstrategie sei, als ob man Erdnussbutter zu dünn auf eine Scheibe Brot streiche. Die Firma wolle es allen Recht machen und verzettele sich daher, hieß es hier.
Auf der Haben-Seite kann sich der ehemalige CEO Terry Semel allerdings für seine sechs Jahre an der Spitze ins Buch schreiben: Er hat die Firma zum denkbar schwierigsten Zeitpunkt übernommen und über den Berg gebracht, nach dem Platzen der Dotcom-Blase. Sein Verdienst ist es auch, dass sich Yahoo auf das Werbe- und Mediengeschäft konzentriert hat.
Auf dem lukrativen Online-Anzeigenmarkt ist das Unternehmen gegenüber Google aber zuletzt massiv zurückgefallen, auch neue Internet-Kontaktseiten wie MySpace machten dem Unternehmen zusehends zu schaffen. Eigentlich, so resümiert die Branche, ist Yahoo in den schwarzen Zahlen. Nur reiche die Marktperformance gegen einen Gegner wie Google nicht aus.
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