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„Wettbewerb fördert Innovation“


Herr Neff, vielleicht können Sie unseren Zuschauern als erstes kurz erzählen wie Heidelberger Druckmaschinen aufgestellt ist. Sie sind ein weltweit agierendes Unternehmen – wie sieht Ihre IT-Infrastruktur aus?

Neff: Heidelberger Druckmaschinen ist Marktführer im Offset-Druck. Wir haben Maschinen und Produkte im Pre-Press Bereich. Wir produzieren sogar Software, die in den Druckereien genutzt wird. Wir exportieren aus Deutschland heraus 90 Prozent. Unsere größten Märkte heute sind zum Beispiel China.
Wesentlich für uns ist das Wachstum in den „emerging markets“. Das haben wir früh erkannt, das Problem dabei ist nur, dass man im Gegensatz zu vielen anderen Unternehmen in Deutschland an etwa 175 Standorten in der Welt seine Produkte vertreiben und Service erbringen muss. Gedruckt wird überall, von Wladiwostok bis Papa Neuguinea. Das ist eine der Herausforderungen für Heidelberg und die IT.
Wir haben im Jahre 2000 damit begonnen, eine globale IT-Strategie umzusetzen. Wir haben IT-Zentren in Singapur geschaffen, in Atlanta und im Heidelberger Raum. Wir haben angefangen zu Konsolidieren zu Standardisieren. Die Krise durch den 11. September hat zu umfangreichen Restrukturierungen in der IT geführt. Das betraf Rechenzentren und Services, auch mussten wir Mitarbeiter abbauen. Dennoch haben wir ein ganz innovatives System in Betrieb genommen, mit dem wir die Wettbewerbsfähigkeit unseres Unternehmens immens verbessert haben.

Sie haben also konsolidiert. Woraufhin haben Sie konsolidiert? Welche Systeme? Und: Sie haben auch die Innovationen angesprochen – welche Innovationen waren das?

Die Konsolidierung lief folgendermaßen: Die IT musste zunächst aus den Landesorganisationen herausgelöst werden. Dann hat man Rechenzentrums-Services und IT-Shared-Services in Asien zentral in Singapur, in Europa zentral in Wiesloch und in Amerika zentral in Atlanta aufgebaut. Das fand in einer ersten Phase bis 2003 statt. In einer zweiten Phase wurden dann Kompetenzzentren für Netzwerk, für SAP und für Microsoft gebaut. Die Rechenzentren in Atlanta und in Singapur wurden aufgelöst, Heute betreiben wir alles aus Deutschland heraus. Gleichzeitig haben wir einen konsolidierten SAP-Rechenzentrumsbetrieb an einen großen Outsourcer übergeben. Parallel dazu haben wir dann noch unser Netzwerk weltweit standardisiert. Von 80 Daten-Providern auf zwei bis drei, wobei einer dominant ist. Unser Client-Environment haben wir 2001 weltweit standardisiert, von rund 8000 Programmen auf 500. Dabei rede ich nicht von Office-Software alleine, sondern von komplizierter Software, die 4000 Service-Ingenieure im Feld brauchen, um die Embedded-Software in Druckmaschinen zu kontrollieren und Ihre Wartungsjobs beim Kunden erfolgreich durchzuführen.

Was haben wir innovativ getan? Wir haben im Jahre 2003 eine Mobile Solution für unsere 4000 Service-Ingenieure eingeführt. Wir haben also in einem ganz kleinen Team eine Lösung entwickelt, die wir anschließend in UK pilotiert haben. Anschließend wurde es weltweit ausgerollt. Als bislang letztes Land war vor ein bis zwei Monaten Japan an der Reihe. Diese Software beliefert den Ingenieur mit allen nötigen Kundendaten. Um was für einen Kunden handelt es sich? Welche Systeme sind in Betrieb? Welche Ersatzteile werden benötigt, etc. Das alle läuft online und abends schon erhält der Kunde seine Rechnung aus unserer Zentrale. Das alles über eine Plattform, weltweit standardisiert. Das ist eine der Innovationen.
Eine zweite wesentliche Innovation war: Wir haben begonnen unsere Druckmaschinen übers Internet anzubinden. Das erforderte zuerst standardisierte Interfaces. Das alleine ist eine gewaltige Leistung bei einem Maschinenbauer! In einem zweiten Schritt haben wir eine first-, second- und third- Level-Support-Struktur für unsere Kunden geschaffen. In dieser melden sich Maschinen automatisch pro aktiv an, wann demnächst mit einem Problem zu rechnen sei. Das ist eine sehr innovative Lösung. Die läuft unter der Kategorie Intelligent Device Management.

Was war denn die größte Herausforderung bei der Einführung einer Innovation? Wo waren die größten Hindernisse?

Eines der größten Hindernisse ist im Prinzip die Lernfähigkeit der Unternehmensorganisation. Es ist heute so, dass die Technologie relativ preiswert ist. Wir können heute mit vernachlässigbaren Geld in zehn Wochen Dinge machen, die im Effolgsfall riesige Effekte haben. Doch Sie müssen erst einmal ein Unternehmen finden, das dieses Risiko einzugehen bereit ist. Oft gibt es zum Beispiel aus Gründen des Datenschutzes Widerstände.

Kollegen von Ihnen haben Mitarbeiter als größtes Problem genannt. Diese zu motivieren, sich auf etwas Neues einzulassen. War das für Sie kein Thema?

Sie finden immer Anwender, die freudig an eine Neuerung herangehen. Die müssen Sie finden und das mit denen durchziehen. Bilden Sie Pilotgruppen, die dann positiv darüber reden. Da ist viel Psychologie im Spiel. Die Innovation als etwas „für Auserwählte“ darstellen. In unserem Unternehmen haben wir in Sachen Umsetzung von Innovationen eine Art von Wettbewerb zwischen den Vertriebsgesellschaften rund um den Globus. Eine Vertriebsgesellschaft bekommt einmal im Jahr einen Preis für besondere Leistungen. Das motiviert sehr.

Lassen Sie uns anschließend noch auf drei Themen eingehen, die momentan als sehr innovativ gelten: SOA, Virtualisierung und Open Source. Im Vorgespräch haben Sie bereits erwähnt, das Thema Virtualisierung wäre für Sie ein alter Hut.

Ich bin jetzt schon ein bisschen länger in der IT-Industrie. Und wer früher mal noch auf großen IBM-Systemen gearbeitet hat, für den ist der Begriff Virtualisierung kalter Kaffee. Das ist ein Rechnerkonzept, das seit rund 30 bis 40 Jahren existiert. Heute macht man das, um vorhandene Hardware höher auszunutzen und Software für heterogene Hardware vernünftiger auszubilden. Ich bin begeistert über diese Richtung. Mein Team arbeitet seit zwei Jahren mit Virtualisierung. Es läuft in meinem Unternehmen.

Virtualisierung wurde auf der CeBIT oft im Zusammenhang mit Open-Source genannt. Das verschränkt sich thematisch ein bisschen. In Ihrem Fall nicht?

Nein. Meine Verantwortung ist es, dass im Unternehmen die Systeme verlässlich laufen. Ich verantworte einen gewissen Investitionsschutz. Jetzt stellt sich die Frage, ist Open Source verlässliche Software? Hat man einen Innovationsschutz? Hat man Partner, die ausbauen und garantieren? Und so weiter. Sobald Sie das haben, hat man schon kein Open-Source mehr. In meinem Verständnis. Und ich darf mal provokativ fragen: Würden wir beide in ein Flugzeug steigen, dessen Embedded-Software zur Kontrolle des Fliegers Open-Source ist? Oder steigen wir nur dann in ein Flugzeug, wenn diese ganze Software getestet, validiert und abgenommen wurde? Wir in Unternehmen brauchen validiert und abgenommene Software. In meinem Verständnis kann es Open-Source-Software für Unternehmen in Mission Critical Bereichen de facto nicht geben. Wir haben auch Open-Source-Software getestet und haben sie als für unser Unternehmen ungeeignet wieder zur Seite gelegt.

Stichwort Architektur: SOA, die Service-orientated-Architecture, finden Sie auch nicht besonders gut, nicht wahr?

Das kann man so nicht sagen. Sehen Sie, wir haben im Unternehmen etwa 8000 SAP-Anwender sowie sehr viele Microsoft-Nutzer. Zudem verfügen wir über 70 Prozent unstrukturierte Daten und 30 Prozent verstrukturierte Daten. Um unsere IT-Landschaft weiter voranzutreiben, brauchen wir einen Planungshorizont von wenigstens 36 Monaten. Man muss im Prinzip der Release-Strategie sowohl von SAP als auch der von Microsoft folgen.
als auch die Release Strategie von Microsoft folgen. In diesem Rahmen bekommen wir beispielsweise durch Netweaver Teile einer SOA ins Unternehmen. Auch Microsoft führt mehr und mehr Web-Services ein. Ich betrachte das alles als eine Art natürlichen Prozess, nicht als revolutionären Schritt. Ich halte es für unrealistisch, SOA in drei Tagen in sein Unternehmen holen zu wollen. So etwas kommt nach und nach, lassen Sie uns das ganze noch einmal in 15 Jahren betrachten.

ZDNet.de Redaktion

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