Irgendwie akzeptieren Microsoft-Anwender immer wieder das Bananenkonzept, wonach die Software beim Kunden reifen muss. Auch das Vista-Betriebssystem scheint so ein Fall zu sein, wo sich Fehlerbehebung und Fehlertoleranz der Kunden in den kommenden Jahren entgegenkommen müssen. Doch was, wenn nicht? Was geschieht, wenn Vista das Fass zum Überlaufen bringt und Home-User wie Unternehmenskunden die Gelegenheit zum Wechsel auf Linux oder Mac OS nützen?
Tatsächlich ist eine Abwendung von Microsoft wahrscheinlicher, als die Erfahrung zu lehren scheint. Bei vielen End-Usern hat Linux schon längst ein besseres Renommee als Windows, vor allem aber verbessern Red Hat und Co die Benutzerumgebung in einer Weise, die das Open-Source-Betriebssystem inzwischen für Nicht-Techniker benutzbar macht. Unternehmenskunden jammern dagegen schon seit Jahren über die hohen Preise für Windows und Office-Pakete. Kein Konzern, der nicht schon mehrfach einen Umstieg auf Linux durchgerechnet hätte. Das Ergebnis: Die Gefahr ist groß, dass die Kostenvorteile eines Umstiegs zumindest im Einführungsjahr durch die hohen Schulungskosten für zigtausende von Usern nahezu aufgefressen werden. Nimmt man noch die produktivitätssenkende Fehlerhäufigkeit neuer Software sowie die Unwägbarkeiten bei der Integration in die Unternehmens-IT hinzu, dann empfinden viele CIOs das Risiko als zu hoch.
Microsoft hat nun mit Vista und dem neuen Office-Paket dafür gesorgt, dass die Hemmschwelle deutlich sinkt. Manch Anwender tun sich mit dem Berechtigungskonzept so schwer, dass der CIO die Mitarbeiter mit einem Notzugangscode auf einem USB-Stick ausstatten muss, für den immer wiederkehrenden Fall, dass Vista sie aus unerfindlichen Gründen aussperrt. Was die Office-Programme betrifft, dürfte es leichter sein, sich in Microsoft-orientierte Pakete wie Open Office einzuarbeiten als in die aktuellen Vista-Version etwa von Word. Und auch das Zusammenspiel von Vista und Office scheint für Administratoren kein Kinderspiel zu sein.
Würde aus solchen Gründen die Hypothese wahr, dass eine größere Anzahl von Anwendern den Umstieg auf Vista nicht nur verschiebt – wie das momentan der Fall ist -, sondern ganz darauf verzichtet, könnte sich das zu einer Katastrophe für Microsofts Geschäftsmodell auswachsen. Gemeint ist das vor Gericht schon häufig untersuchte Phänomen, dass die Gates-Company durch hochintegrierte Anwendungssoftware Vorteile aus ihrem Betriebssystem-Beinahemonopol schöpft. Ohne Windows würden alle anderen Produkte (Entwicklungswerkzeuge, Datenbanken, ERP-Software etc.) in der Luft hängen und die Börsenkurse am Boden aufprallen. Auf Anwenderseite dagegen scheint die große Freiheit auszubrechen. Wer nicht auf Vista oder Windows setzt, hat plötzlich die freie Wahl bei seinen Büroanwendungen – fast.
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