Die Hightech-Industrie in Deutschland braucht angesichts des akuten Fachkräftemangels qualifizierte Zuwanderer. Darauf wies heute zum wiederholten Male der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (Bitkom) hin. Nach aktuellen Berechnungen gebe es im IT-Sektor 25.000 bis 28.000 offene Stellen. Zusätzlich suchen die Anwenderbranchen vom Maschinenbau über den Handel bis zu Finanzinstituten mehr als 10.000 weitere IT-Fachkräfte. „Die Technologiebranche in Deutschland ist offen für Spitzenkräfte aus aller Welt“, sagte Bitkom-Präsident August-Wilhelm Scheer. „Die Politik muss die Hürden für hochqualifizierte Zuwanderer aus dem Weg räumen.“
Grund für den Fachkräftemangel sei der Boom im IT-Sektor, speziell bei Software-Anbietern und IT-Dienstleistern, die in Deutschland auf ein Marktvolumen von rund 50 Milliarden Euro kommen. Während der Markt für Telekommunikation (vor allem Festnetz, Mobilfunk, Netzausrüster) unter dem scharfen Preiswettbewerb leide, profitiere die Informationstechnik (etwa Software, IT-Dienstleister, Computer-Hardware) vom aktuellen Wirtschaftsaufschwung. Gesucht würden vor allem Software-Entwickler, IT-Projektmanager und IT-Berater. Auf dem Arbeitsmarkt sind IT-Spezialisten aber nur noch schwer zu bekommen. Die Zahl der arbeitslosen Datenverarbeitungsfachleute hat sich seit Anfang 2005 auf aktuell rund 30.000 halbiert. Scheer: „Das entspricht in diesem Berufsfeld Vollbeschäftigung.“ Im Boomjahr 2000 lag die Zahl der arbeitslosen IT-Spezialisten auf dem gleichen, niedrigen Niveau.
Die Reform des Zuwanderungsgesetzes müsse die Einkommensgrenzen als Voraussetzung für eine dauerhafte Niederlassungserlaubnis von 85.000 Euro halbieren und die Arbeitsmöglichkeiten für ausländische Studierende erleichtern, die in Deutschland ihren Abschluss machen. Kern der Reform muss aus Sicht des Bitkom die Einführung eines Kriterienkatalogs sein, der die Zuwanderung nach Merkmalen wie Qualifikation, Sprachkenntnissen und Alter steuert.
Der Verband setzt sich in der Zuwanderungsdebatte für eine sachliche Diskussion ein. „Eine gesteuerte Zuwanderung entlastet die Sozialsysteme, stärkt das Wirtschaftswachstum und führt zur Schaffung neuer Arbeitsplätze“, sagte Scheer. „Arbeit schafft Arbeit.“
Die Studienanfängerzahlen im Fach Informatik sind seit dem Jahr 2000 um ein Viertel auf rund 28.000 im Jahr 2006 eingebrochen. Nach der aktuellen Abbrecherquote erreicht davon nur etwa die Hälfte einen Abschluss. „Reformen im Bildungssystem sind daher die zweite große Herausforderung zur Bekämpfung des Fachkräftemangels“, so Scheer. Auch die Unternehmen müssten ihre Investitionen in der Aus- und Weiterbildung erhöhen.
ZDNet-Kommentator Hermann Gfaller hat erst kürzlich darauf hingewiesen, dass der Bitkom in den vergangen Jahren beim Thema Fachkräftemangel eine durchaus unrühmliche Rolle gespielt hat. Während des Internet-Booms habe der Verband das angebliche Fehlen von 55.000 Computerfachleuten, darunter 30.000 Akademiker beklagt, und damit die Studentenzahlen in die Höhe getrieben. Kurz darauf rechtfertigte der Verband die Entlassungsarien seiner Mitgliedsfirmen. Heute räume Bitkom-Präsident August-Wilhelm Scheer ein, dass die vielen Entlassungen der vergangenen Jahre, eine negative Wirkung auf das Interesse junger Menschen am Informatikstudium und an den technischen Hochschulausbildungen generell gehabt hätten.
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