Kommentar – Beim ersten IT-Gipfel vor einem Jahr galt es noch, „Deutschlands IT zur Weltspitze zu befördern“, dieses Jahr reicht es, so Bundeskanzlerin Angela Merkel „die Chancen der IT weiter zu fördern“. Offiziell wird die Veranstaltung natürlich als Erfolg gefeiert, doch der Elan der Kanzlerin wendet sich inzwischen lohnenderen Zielen zu.
Im vergangenen Jahr und noch auf der CeBIT 2007 herrschte ungetrübte Aufbruchsstimmung – die Branche wurde mit Segnungen überhäuft. Als Anschubfinanzierung zur Eroberung der Weltmärkte wurden 1,5 Milliarden Euro bewilligt, plus zusätzlicher Gelder, die der Branche indirekt über die mit 15 Milliarden Euro gesponserte Hightech-Projekte zufließen.
Dieses Jahr galt die Ernennung des vom Branchenverband Bitkom seit Jahren geforderten Bundes-CIO als wichtigstes Ereignis. Kritiker billigen dem Staatsekretärs Bernhard Beus allerdings angesichts des zu erwartenden Kompetenzgerangels keine durchschlagende Wirkung zu. Gelobt wurde, dass der IT-Gipfel einige Leuchtturm-Projekte belebt und insgesamt ein positives Signal ausgestrahlt habe, insbesondere auch an junge Menschen, die sich für IT-Berufe interessieren sollen. Vor allem aber sprachen die Teilnehmer – außerhalb der Arbeitsgruppen – über den Fachkräfte-Mangel, den die Industrie durch preiswertes Personal aus dem Ausland beheben möchte.
Statt jedoch, wie gewohnt, eine großzügige Zuzugsregelung zu erhalten, erinnerte selbst Gipfelgastgeber und Bundeswirtschaftsminister Michael Glos die Lobbyisten daran, dass sie selbst diesen Mangel durch ihre Entlassungsorgien mit verursacht haben. Er forderte die Unternehmen auf, mehr IT-Fachkräfte auszubilden. Zuwanderung sei dafür weniger erforderlich als die Qualifizierung inländischer Kräfte, erklärten Glos und Merkel unisono in Hannover.
Was ist geschehen? Wodurch hat sich das Verhältnis der technikaffinen Kanzlerin und der Branche für Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) abgekühlt? Sicher gehört dazu, dass die Branche – trotz voller Auftragsbücher – ihre Versprechungen vom vergangen Jahr nicht einlösen konnte. Nicht, dass die Kanzlerin erwartet hätte, dass Deutschland schon jetzt in Sachen IKT Weltspitze ist. Sie hat aber wohl auch nicht erwartet, dass die Branche trotz großzügigster Förderung die Rolle der Wirtschaftslokomotive verliert. Der Branchenverband Bitkom, bislang ein Liebling der Kanzlerin, enttäuschte mit einer Wachstumsprognose von 1,3 Prozent für dieses Jahr. Das liegt unter dem Schnitt der Wirtschaft generell.
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