Niemand wird bestreiten, dass soziale Vernetzung über virtuelle Gemeinschaften eine sinnvolle Sache ist. Viele Betreiber von sozialen Netzwerken haben jedoch überwiegend nicht zahlende Nutzer in ihren Communities. Das stört sie bisher wenig, denn die zum Teil recht beachtlichen Datensammlungen stellen wertvolles Kapital dar, das sich zu Geld machen lässt.
So bekommt Microsoft für immerhin 240 Millionen Dollar gerade mal einen Anteil von 1,6 Prozent an Facebook. Der Gesamtwert von Facebook wird auf 15 Milliarden Dollar geschätzt.
Insbesondere die Werbeindustrie macht Druck auf Plattformen, wie Facebook, Profite aus ihrer Community zu ziehen. Das Geschäftsgebaren so mancher Plattformbetreiber lässt allerdings zu wünschen übrig. Der an sich positive Gedanke einer virtuellen Gemeinschaft, sich gegenseitig mit Tipps und Empfehlungen weiter zu helfen, wird ins Gegenteil verkehrt.
Premium-Mitglieder der Plattformen sollen Familienmitglieder oder Freunde dazu einladen, an den angeblich so vorteilhaften Angeboten teilzunehmen. Die Betreiber setzen auf das Bedürfnis, sich und andere in der Online-Welt zu entblättern. Konkrete Vorteile daraus ergeben sich aber oftmals nur für die Betreiber und nicht unbedingt für die Nutzer. Die Anwerbung neuer Mitglieder erinnert an Schneeballsysteme und Kettenbriefe.
Besonders interessant für die Werbeindustrie und andere Datenjäger ist die Informationen, wer wen woher kennt. Das Prinzip der kleinen Welt, nachgewiesen beispielsweise mit der Kevin-Bacon-Zahl, ist ein wertvoller Fundus an Informationen für Direktvertriebler, von Finanzdienstleistern bis hin zu dubiosen Gewinnspielanbietern.
Bild 1 der Galerie zeigt am Beispiel von Xing, dass weniger als 100 direkte Kontakte notwendig sind, um über „zwei Ecken“ fast 500.000 Leute zu kennen. Wie in Bild 3 zu sehen ist, gibt es meist mehrere Verbindungen zu fast jedem Mitglied. Jedes Premium-Mitglied kann mit einem einfachen Webcrawler Beziehungslisten zwischen beliebigen anderen Mitgliedern aufbauen.
Facebook zeigt Software-Entwicklern die Möglichkeiten auf. (Grafik: Facebook)
Xing hat als Business-Community eine hohe Anzahl von zahlenden Premium-Mitgliedern. Andere Communities, etwa Facebook, Studi-VZ oder Myspace, sind auf alternative Einnahmequellen angewiesen. So bietet Facebook Entwicklern jede Menge Anleitungen, die mit ein wenig Fantasie auch zur Datenjagd genutzt werden können.
Kein Wunder also, dass nationale wie internationale Verbraucherschützer allein schon aufgrund der ausufernden Lockangebote im Netz seit längerem einen dramatischen Verfall der Sitten monieren. „Die Community erkennt plötzlich, dass ihre Rechte auf den ungehinderten und kostenlosen Austausch von Meinungen beschnitten werden“, meint Anke Wahl, Wirtschaftssoziologin an der Universität Tübingen.
Die Nutzer wehrten sich zudem immer mehr dagegen, nur als Werbevehikel für die Plattformbetreiber missbraucht zu werden, sagt Wahl. Den ausufernden Machenschaften in puncto unlauterer Werbepraktiken soll eine vor kurzem von der Europäischen Union (EU) verabschiedete Richtlinie ein Ende bereiten. Danach sind irreführende Werbung sowie aggressive Verkaufspraktiken untersagt. Im Visier stehen Lockangebote, von Schneeballsystemen bis hin zu falschen Gesundheitsversprechen.
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