Die israelische Regierung diskutiert derzeit eine Gesetzesvorlage, derzufolge der Zugang zu Internetseiten mit umstrittenen Inhalten automatisch von den jeweiligen Internetprovidern blockiert wird. Die „Internet porn bill“ zielt dem Namen entsprechend insbesondere auf Webseiten ab, die Sex- und Gewaltinhalte anbieten, betrifft aber auch den Bereich des Online-Glücksspiels.
Wird der Entwurf von der Regierung als Gesetz verabschiedet, haben die Provider noch 60 Tage lang Zeit, um derartige Webseiten aus ihrem Angebot zu entfernen. In demselben Zeitraum wären auch Suchmaschinenbetreiber dazu verpflichtet, diese Seiten aus den Ergebnislisten ihrer Suchanfragen zu beseitigen. Wird dies verweigert, drohen hohe Geldstrafen. Einzelne Nutzer, die dennoch auf dem Zugang zu gesperrten Webseiten bestehen, könnten dies dann nur durch eine persönliche Vereinbarung mit dem jeweils zuständigen Provider erwirken.
Während sich die Initiatoren des Gesetzes auf den Jugendschutz berufen, fürchten Kritiker schon jetzt um die Meinungs- und Redefreiheit in Israel. „Dieses Gesetz wird uns in eine Art zweiten Iran verwandeln“, zitiert das Online-Poker-Portal Pokerpages Gilan Erdan, den Vorsitzenden des Wirtschaftsausschusses im israelischen Einkammer-Parlament Knesset. Es sei nicht richtig, dem Minister die Autorität der Entscheidung darüber einzuräumen, welche Internetseiten geblockt werden müssen und welche nicht. „Auf diese Art wäre keinerlei Möglichkeit der Kontrolle über die gefällten Entscheidungen gegeben.“
Auch Rimon Levy, Präsident der Israeli Internet Association, kann mit dem aktuellen Gesetzesentwurf nicht viel anfangen. „Der Tag, an dem das Gesetz verabschiedet wird, ist ein schwarzer Tag für die Internet-Community in Israel.“ Das Jugendschutzargument der Gesetzesbefürworter will Levy nicht gelten lassen. „Dieses Gesetz wird kein einziges Kind schützen, sondern den Bürgern das Kommunikationsministerium als Aufsicht aufzwingen.“
„Die Zensur hat in Israel vor allem in Bezug auf militärische Angelegenheiten eine lange Tradition“, erklärt Yarun Deckel, politischer Analyst beim israelischen Fernsehen. Ein Gesetz, das noch aus Zeiten des Libanon-Krieges stamme, verpflichte jede Medieninstitution dazu, ihre Berichterstattung vorab von einem eigenen Komitee absegnen zu lassen. „Halten sich Medien nicht an diese Vorgaben, müssen sie mit hohen Geldstrafen rechnen“, schildert Deckel. Die „Internet porn bill“ hingegen sei eine andere Geschichte. „Dieses Gesetz ist eine durch und durch politische Angelegenheit.“ Obwohl sich bereits eine kritische Front gegen das Gesetzesvorhaben gebildet habe, sei nicht mit Sicherheit zu sagen, wie die Mehrheit der israelischen Gesellschaft dazu stehe. „Ein kürzlich bekannt gewordener Fall, wo ein Pädophiler sich über das Internet mit Kindern verabredet hat, dürfte die öffentliche Meinung derzeit nicht unwesentlich mitbestimmen“, so Deckel.
Verfasst und vorgestellt hat die „Internet porn bill“ der Parlamentarier Amnon Cohen, ein Mitglied der orthodox-religiösen Shas-Partei. Er beruft sich vor allem auf Argumente des Jugendschutzes. Einem Artikel der Jerusalem Post zufolge spielen aber auch politisch-strategische Aspekte eine Rolle. Das Gesetz sei nichts weiter als der nächste in einer Reihe von Versuchen, der Shas-Partei ihren politischen Einfluss innerhalb der Koalitionsregierung zu verstärken. Ob der Entwurf, der bereits eine erste Anhörung im israelischen Parlament durchlaufen hat, schlussendlich durchkommen werde, hänge insofern auch vom weiteren Bestand der Koalition ab, urteilt die Zeitung.
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