Salesforce.com: übers Ziel hinausgeschossen

Überhaupt birgt die in London propagierte Platform-as-a-Service viel Potenzial, das bislang aufgebaute Vertrauen wieder zu zerstören. Solange es um CRM ging, bot das Abo-Modell die Möglichkeit, jährlich zu kündigen und seine Kundendaten für die Verwendung in einem anderen System zurückzuerhalten. Anders sieht die Sache aus, sobald das Kundenmanagement mit Hilfe der leider nicht quelloffenen Plattform um Prozesse, Features und Anwendungen ergänzt wird.

Ist ein Kunden nicht mehr mit Salesforce zufrieden, steht er vor der Frage: Auf welcher anderen Plattform kann ich die mit Salesforce orchestrierte Anwendungs- und Nutzerumgebung zu vertretbaren Kosten wieder zum Laufen bringen? Daran wird deutlich, worum es beim Wechsel von Software-as-a-Service zu Platform-as-a-Service geht: Die Kunden sollen genau so in die Salesforce-Umgebungen eingesperrt werden, wie das Unternehmen es SAP oder Microsoft zum Vorwurf macht.

Hinzu kommt die Frage, woher Salesforce.com den Mut zu dem Versprechen nimmt, heutige Force-Entwicklungen der Kunden würden auch in Jahren noch laufen. Insbesondere erstaunt das Vertrauen in SOA-Architekturen, die Universalität und Offenheit all der Schnittstellen, die in gemischte Salesforce-, Internet- und anderen Anwendungen involviert sind. Gleichzeitig brüstet sich das Unternehmen, seine Software mehrmals im Jahr zu aktualisieren, und erhöht damit den Komplexitätsgrad der Umgebung zusätzlich – ohne dass sich die Kunden dagegen wehren könnten.

Salesforce.com hat sich große Verdienste um das SaaS-Konzept erworben. Die Software ist inzwischen so ausgereift, dass selbst Kritiker die kostengünstige Alternative zu klassischer CRM-Software nutzen. Doch die ideologische Verteufelung von On-Premise-Software verärgert Anwender, die wissen, dass sie auf Jahrzehnte weiter mit Microsoft- und SAP-Produkten werden leben müssen. Das gilt umso mehr, als sie in dem Platform-as-a-Services-Konzept (trotz der weit offeneren Schnittstellen) ein ähnliches Lock-in-Konzept befürchten müssen, wie sie es von den durch Benioff lauthals kritisierten Software-Anbietern gewohnt sind.

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ZDNet.de Redaktion

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