Anlässlich der für heute geplanten Verabschiedung des „Gesetzes zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums“ (PDF) durch den Bundesrat haben die Branchenverbände ANGA, Breko, BVDW, IEN, Eco und VATM an den Gesetzgeber appelliert, weitergehenden Forderungen der Musik- und Filmindustrie eine Absage zu erteilen. Die Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen dürfe nicht auf Kosten der Grundrechte gehen, so die Vertreter der Telekommunikationswirtschaft.
Mit dem Durchsetzungsgesetz sei ein gerade noch vertretbarer Kompromiss bei der Bekämpfung von Urheberrechtsverletzungen gefunden worden, teilten die Verbände mit. Die Rechteinhaber stellten diesen mit einseitigen Forderungen nach einer zwangsweisen Stilllegung von Internetzugängen als Reaktion auf mutmaßliche Urheberrechtsverletzungen noch vor dem Inkrafttreten des Gesetzes wieder in Frage. Dies würde nicht nur massive Grundrechtseingriffe bedeuten, sondern zugleich auch der wirtschaftlichen Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechnologien Schaden zufügen.
„Der von der Musik- und Filmindustrie plakativ erhobene Vorwurf an die Provider, sie würden von Urheberrechtsverletzungen profitieren, ist ebenso falsch wie der Pauschalverdacht gegen 40 Millionen User, die das Internet überwiegend legal nutzen“, sagt Oliver Süme, Vorstand für Recht und Regulierung von Eco. Messungen an den zentralen deutschen Internetknoten hätten ergeben, dass die Behauptungen der Musikindustrie über den Umfang illegaler Tauschbörsennutzung nicht stimmen könnten. „Wir wehren uns gegen völlig überzogene Forderungen wie die zwangsweise Stilllegung von Internetanschlüssen, von denen aus mutmaßlich Urheberrechtsverletzungen begangen wurden.“
Malini Nanda, Leiterin der Bereiche Recht und Politik von IEN ergänzt: „Die Musik- und Filmindustrie fordert, in Deutschland nach dem Vorbild französischer Pläne ein System zur Sanktionierung von Internetnutzern zu schaffen, denen im Fall wiederholter Urheberrechtsverletzungen der Internetanschluss entzogen werden soll. Das Europaparlament hat erst am 10. April 2008 diesen Ansatz in seiner Entschließung zur europäischen Kulturwirtschaft ausdrücklich als ‚im Widerspruch zu den bürgerlichen Freiheiten und den Menschenrechten sowie den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit‘ stehend abgelehnt. So wenig wir Rechtsverletzungen im Internet hinnehmen können – ein rechtswidriger Eingriff in die Grundrechte kann nicht die Lösung sein.“
Breko-Geschäftsführer Rainer Lüddemann weist darauf hin, dass im Fall von Triple-Play-Anschlüssen auch Fernsehen und Telefon von einer Netzsperre betroffen wären. Zudem seien die Anschlussinhaber vielfach gar nicht die Rechtsverletzer.
BVDW-Justiziar Gerd M. Fuchs kritisiert, dass die Musikindustrie versuche, den bisher bestehenden ausgewogenen Rechtsrahmen zu Lasten der betroffenen Wirtschaft zu verändern und damit massiv in Grundrechte und Geschäftsmodelle eingreife. „Hier wird mittels nicht nachvollziehbarer Behauptungen der Versuch unternommen, zugunsten der Rechteinhaber massive Eingriffe in geschützte Grundrechte von Internetnutzern und Unternehmen gesetzlich zu normieren.“ Dieses Vorgehen stelle alle Internetnutzer unter einen Generalverdacht und belaste zudem die Internetwirtschaft immens, was nicht im Sinne einer ausgewogenen und praktikablen Gesetzesnovellierung sein könne.
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