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Das Ende eines Megadeals: Time Warner zerstückelt AOL

Anno 2000 übernahm AOL in der teuersten Akquisition der Wirtschaftsgeschichte den Medienkonzern Time Warner. Heute trägt der einst weltweit größte Internet-Provider nur noch rund 9,5 Prozent zum Umsatz des Medienkonzerns bei.

In Deutschland weckt das Kürzel AOL vor allem Erinnerungen an überflutete Briefkästen mit der jeweils neuen Version der Zugangssoftware (inklusive Einsteiger-Sonderangebot). Die Snail-Mail-Spams in CD-Form entfalteten aber doch die gewünschte Wirkung: 2003 schrieb AOL Deutschland erstmals schwarze Zahlen. 2005 erzielte das Unternehmen immerhin einen Vorsteuergewinn von 80 Millionen Euro und erreicht auch jetzt noch rund 5 Millionen Surfer – etwa durch Online-Kioske in Szene-Lokalen oder Fitnesszentren.

Hinzu kommt, dass die jetzige Ankündigung von Time-Warner-CEO Jeff Bewkes ein strategisches Konzept bestätigt, das hierzulande bereits seit 2006 umgesetzt wird: die Trennung des Geschäfts mit dem Online-Zugang vom Geschäft mit Kunden – insbesondere aus der Werbeindustrie.

Während diese Trennung in den USA erst ab 2009 greift, wurde das Zugangsgeschäft in Deutschland (DSL, AOL Phone und AOL Mobile) für rund 90 Millionen Dollar an Hansenet verkauft, wo die Dienste jetzt unter der Marke Alice angeboten werden. Als Internet-Werbe-Vermarkter zählt die AOL-Tochter Platform A zu den Top Ten in Deutschland.

In der US-Presse wird die Trennung der AOL-Geschäftsfelder vor allem als Vorbereitung für eine mögliche Trennung wahrgenommen. Time-Warner-Chef Bewkes hat diese Gerüchte mit einem zweideutigen Dementi zusätzlich geschürt: „Wir wollen AOL nicht verkaufen, aber wenn jemand dem Bereich mehr Potenzial verleihen könnte, wären wir dafür natürlich offen.“ Vielleicht zielen solche Bemerkungen darauf, den Preis in den Verhandlungen hochzutreiben, die er laut Wall Street Journal derzeit mit Microsoft, Yahoo und Earthlink führt.

Microsoft und Yahoo interessieren sich vor allem für die Werbekapazitäten. Für Yahoo könnte der Deal zudem möglicherweise die Übernahme-Avancen aus Redmond vom Hals schaffen. Auch die rund 8,7 Millionen AOL-Abonnenten allein in den USA locken Microsoft und ISPs wie Earthlink.

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ZDNet.de Redaktion

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