Betroffen sind in erster Linie große IT-Firmen, die in der Regel die Finanzwirtschaft im Direktvertrieb bedienen. So hat vor allem der Computergigant IBM wegen seiner Mainframe-Großrechner seit Jahrzehnten enge Beziehungen in die Finanzindustrie. Fast ein Drittel der Soft- und Hardware und vor allem der Serviceumsätze von Big Blue werden mit Banken und Versicherungen erwirtschaftet. Allerdings sind darunter auch viele europäische und asiatische Häuser, die bislang noch vergleichsweise glimpflich durch die Krise gekommen sind. Nur sechs Prozent des Umsatzes mit der Finanzwirtschaft entfallen auf die am tiefesten erschütterte US-Bankenwelt.
Trotz drohender Einbrüche beim Absatz von Großrechnern sieht Gerald Münzl, bei IBM Global Technology Services für strategische Fragen zuständig, im Gespräch mit ZDNet in der aktuellen Krise auch Chancen. Nach Ansicht des IBM-Managers suchen Kunden in Zeiten wirtschaftlicher Schwierigkeiten im besonderen Maße Hilfe bei IT-Dienstleistern. Das Ziel ist Konsolidierung der Situation bei gleichzeitiger, teils massiver Kostenreduzierung. Dies könne, so Münzl, nur durch ein ausgefeiltes Angebot von direkter Betreuung kombiniert mit Near- und Offshore-Outsourcing erreicht werden.
Dabei werden die Kunden im Stammland direkt bedient, die Anwendungsarbeit kommt meist von Nearshore, der physikalische Betrieb von Offshore. Die Service-Arbeitsplätze liegen wegen deren Englischsprachigkeit häufig in den ehemaligen britischen Kolonien Indien und Malaysia. Nearshore liegt aus US-Sicht in Mexico, in Europa in Ungarn, Tschechien und Polen.
Doch auch die Aktienkurse der großen indischen IT-Dienstleister wie Wipro, Tata, Infosys oder Satyam bleiben von der Krise nicht verschont. Die Kurse ihrer Anteile fallen, da alle ein starkes Standbein im Bankwesen haben. Doch das könnte sich, wenn es an die Konsolidierung der Bankübernahmen geht, rasch ändern. Dann nämlich wären ihre Dienstleistungen plötzlich wieder gefragt.
Beispielsweise rechnen die Marktanalysten von NelsonHall nach einer im Auftrag von Capgemini durchgeführten Umfrage damit, dass Banken und Versicherungen in Deutschland in den nächsten drei Jahren zusätzliche IT-Leistungen an Drittanbieter auslagern werden. Mit einem Potenzial von etwa fünf Prozent des IT-Budgets der Finanzinstitute seien die Steigerungsmöglichkeiten allerdings begrenzter als bisher.
Vorerst sind aber sogar die großen Kommunikationsausrüster, etwa Cisco, sind von der Investitionszurückhaltung betroffen. Ciscos Chef John Chambers bemüht sich daher, die Sorgen der Analysten zu zerstreuen: Auf die Finanzindustrie entfielen nur etwa drei bis vier Prozent des Umsatzes, erklärte er vor kurzem. Beim Konkurrenten Nortel ist die Krise dagegen schon deutlich sichtbar: Das kanadische Unternehmen hat seine Umsatzprognose für das dritte Quartal auf 2,3 Milliarden Dollar gesenkt, 13 Prozent weniger als von Analysten erwartet.
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