Der Hightech-Verband Bitkom hat den Entwurf des BKA-Gesetzes scharf kritisiert, der am heutigen Mittwoch im Bundestag verabschiedet werden soll. „Wenn dadurch Terror verhindert und Leben gerettet werden können, sperren wir uns selbstverständlich nicht grundsätzlich dagegen“, sagte Bitkom-Präsident August-Wilhelm Scheer. „Aber das von den Regierungsparteien beschlossene Gesetz enthält Fehlentscheidungen und lässt wichtige Fragen offen.“

Das Gesetz, in dem es um die Befugnisse des Bundeskriminalamts geht, regelt unter anderem die staatliche Online-Durchsuchung von Computern. „Wir müssen dafür sorgen, dass bei der Kriminalitätsbekämpfung das Vertrauen unbescholtener Nutzer in ihre Privatsphäre nicht leidet“, sagte Scheer. Das sehe er nicht gewährleistet.

Dem Gesetzentwurf zufolge soll das Bundeskriminalamt in dringenden Fällen auch ohne richterliche Genehmigung PCs durchsuchen dürfen. Zudem ist es BKA-Mitarbeitern überlassen, zu prüfen, ob unter den Daten besonders geschütztes Material aus dem Kernbereich der Privatsphäre ist. „Das BKA soll in der Praxis allein entscheiden – das darf nicht sein“, so Scheer. „Wenn es eilt, sollte mindestens ein Staatsanwalt die PC-Überwachung genehmigen, so wie es auch für Telefongespräche gilt. Und die Frage, welche intimen Daten von der Polizei nicht verwendet werden dürfen, muss Sache eines Richters sein.“

Online-Durchsuchungen greifen Scheer zufolge noch deutlich tiefer in die Privatsphäre ein als eine Telefonüberwachung. Deshalb dürften sie nur unter strengsten Voraussetzungen zulässig sein. Das Bundesverfassungsgericht hatte im Februar in einem ersten Urteil zu Online-Durchsuchungen ein „Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme“ geschaffen. Dieses Computer-Grundrecht, das die Privatsphäre der Anwender schützen soll, sieht der Bitkom im aktuellen Gesetzestext nicht genügend berücksichtigt.

Die geplante Befristung des Gesetzes bis 2020 bringt dem Branchenverband zufolge nichts. „Wenn sich das Gesetz nicht bewährt, kann es auch ohne diese Frist wieder gestrichen werden“, so Scheer. „Doch bevor es überhaupt in Kraft tritt, sollte zwischen Nutzen und Risiken sorgfältig abgewogen werden.“ Das Gesetz müsse so formuliert sein, dass Bürger und Unternehmen nicht durch Gummi-Paragraphen verunsichert werden.

„Der Staat muss zudem klarstellen, ob er nur Computer von Verdächtigen durchsuchen will oder auch Zentralrechner von E-Mail-Anbietern“, sagte Scheer. Eine Razzia auf Servern der deutschen Internetanbieter bringe wenig und schade nur. Jeder Nutzer könne E-Mails problemlos über ausländische Anbieter verschicken.

ZDNet.de Redaktion

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