Ist der Telekom-Pionier Nortel noch zu retten?

2004 erschütterte eine Reihe von Finanzskandalen den kanadischen Konzern. Im Zuge von entdeckten Unregelmäßigkeiten in der Bilanzierung musste Nortel Gewinne, die für das Jahr 2003 ausgewiesen wurden, den Jahren 2001 und 2002 zuordnen. Entsprechend reduzierten sich der Gewinn 2003 und die Verluste der Jahre 2001 und 2002. In der Folge des Skandals versuchte eine neue Führung, das schwer angeschlagene Image zu verbessern.

Doch nun droht mit dem Insolvenzantrag das endgültige Aus. Analysten wie Mark Sue von RBC Capital Markets, einer Tochter der Royal Bank of Canada, zweifeln daran, ob Nortel der Gläubigerschutz hilft, den Kopf aus der Schlinge ziehen: Die in den vergangenen Jahren aufgehäuften Probleme könnten sich als zu gravierend erweisen und die Wiederherstellung oder zumindest Rettung des einst mächtigen Konzerns verhindern.

Noch in den 90er Jahren war Nortel der größte Telekom-Ausrüster der Welt und beherrschte zusammen mit seinem US-Konkurrenten Lucent die Märkte. Gerade die modernen Themen der Telekommunikation wie Digitalisierung, Glasfasernetze, Mobilfunk und Wireless-LAN dominierten die beiden mächtigen Konzerne. Der heutige Marktführer Cisco war damals nur einer von vielen Ausrüstern für Firmennetze. Das hat sich aber grundlegend geändert: Heute gehen die Cisco-Vertreter auch bei den Netzbetreibern ein und aus. Mit den chinesischen Firmen Huawei und ZTE sind zudem zwei neue, große Konkurrenten mit starker Fertigungskapazität auf dem Markt.

Sollte Nortel scheitern, wäre dies die größte Firmenpleite der kanadischen Wirtschaftsgeschichte. Auf dem Gipfel des Booms der Technologiewerte repräsentierte das Unternehmen mit seinem Börsenwert ein Drittel der gesamten Börse von Toronto. Doch bereits seit dem Beginn des laufenden Jahrzehnts steht Nortel mit dem Rücken zur Wand.

Der Schuldenberg ist vor allem auf Übernahmen anderer Firmen in den euphorischen 90er Jahren zurückzuführen. Bei dem Versuch, die Firma zu sanieren, haben die Kanadier schon 16 Entlassungsrunden absolviert. Im September versuchte Nortel, sein Geschäft für Internetausrüstungen und Glasfaser zu verkaufen. Doch es fand sich kein Käufer. So könnte es auch dem Rest des Unternehmens gehen, denn die Wettbewerber und potenziellen Interessenten haben entweder selbst kein Geld (Alcatel-Lucent etwa) oder keinen Bedarf (Cisco).

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ZDNet.de Redaktion

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