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Wie man Wikipedia diskreditiert

Die Bloggerszene hat einen neuen Helden: „Anonymus“. Feixend nehmen selbsternannte kritische Geister zur Kenntnis, dass offenbar die halbe Journaille – auch die in namhaften Medienhäusern – aus Wikipedia abschreibt. Ach was!

Was war passiert? Ein angehender Journalist wollte beweisen, wie schlecht die Welt ist, und änderte den Wikipedia-Eintrag über Karl-Theodor zu Guttenberg. Der damals noch designierte Wirtschaftsminister ist – wie in Adelskreisen üblich – mit einem ganzen Wust von Vornamen gesegnet: „Karl Theodor Maria Nikolaus Johann Jacob Philipp Franz Joseph Sylvester“. Unser Protagonist wollte wissen, was passiert, wenn er dem adeligen Minister in spe noch einen „Wilhelm“ hinzufügt.

Und siehe da: Als zu Guttenberg dann tatsächlich Wirtschaftsminister wurde, druckten zig Zeitungen und Onlinedienste den geänderten, also gefälschten Namen ab.

Enthüllt hat „Anonymus“ seine Tat im Bildblog. Das ist eine eigentlich lobenswerte Einrichtung, die allerlei Fehltritte der beliebten Boulevard-Zeitung aufdeckt. Bisweilen ist das lustig, manchmal erschreckend und manchmal einfach nur selbstgerecht und kleinlich. Aber das ist nur mein ganz persönlicher Eindruck.

Ich bin ganz klar der Meinung, dass umso mächtiger, sprich meinungsbildender ein Medium ist, es umso genauer überprüft und hinterfragt werden muss. Das gilt für die Bild-Zeitung genauso wie für den Spiegel oder das Heute-Journal – um nur einige wenige zu nennen. Vor allem, weil Nachrichtenmedien weniger Selbstzweck als vielmehr Geschäft sind. Das gilt heute mehr denn je. Schlampereien und manchmal sogar bewusste Fehlinformation sind damit vorprogrammiert.

Nun kann man es den Journalisten trotz unterbesetzter Redaktionen und Zeitdruck nicht abnehmen, ihre Informationen zu überprüfen. Zumal in vielen Verlagshäusern die so genannte „Dokumentation“, quasi eine interne Faktenüberprüfungsstelle, aus Kostengründen gestrichen wurde. Ich zweifle allerdings daran, ob die willkürliche Verfälschung eines Wikipedia-Eintrags das richtige Mittel ist, um Fehlinformationen durch Medien aufzudecken. Die Social-Media-Community – und ich zähle mich dazu – wird nicht müde zu betonen, dass die Wikipedia das zeitgemäße Nachschlagewerk schlechthin ist. Kollaborativ erstelltes Wissen ist besser, genauer und vor allem aktueller als jedes althergebrachte Papierlexikon. Bis jetzt.

Durch diese Aktion hat man dem Anliegen der Community aber einen Bärendienst erwiesen. Gut, Anonymus hat nachgewiesen, dass Journalisten ihre Informationen nicht überprüfen. Zumindest nicht immer. Gleichzeitig hat man aber die Wikipedia nachhaltig diskreditiert. Deren Macher haben aber auch ohne solche Aktionen schon genug damit zu tun, falsche Informationen von Wirrköpfen und Fälschern aus den Einträgen herauszuhalten und sich mit Beschwerden zu den Einträgen herumzuschlagen. Dass keiner der Wikipedia-Autoren und Leser so schnell die bewusste Verfälschung entdeckt hat, ist entschuldbar. Ich hätte es jedenfalls nicht bemerkt, ob dort nun zehn oder neun Vornamen vor dem „Freiherr von und zu Guttenberg“ stehen.

Was hat Anonymus also erreicht? Vor allem hat er gezeigt, dass die Wikipedia nicht vertrauenswürdig ist. Toll, vielen Dank! Die Erkenntnis hingegen, dass die Presse nicht immer die Wahrheit verbreitet, ist alles andere als neu. Das wussten wir schon vorher.

ZDNet.de Redaktion

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