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GEZeter im Büro

Jetzt ist die Verwirrung komplett: Muss man oder muss man keine Gebühr für den PC im Büro bezahlen? Zu Hause, beim privat genutzten Rechner, ist die Lage klar, da sollte man – wenn man nicht schon für Radio oder Fernsehempfang bezahlt. Und stellt man die GEZ nicht grundsätzlich in Frage, ist es ja auch folgerichtig: Löst ein neues Gerät ein altes mit derselben oder zumindest ähnlichen Funktionen ab, dann bleibt auch die Argumentation für die darauf erhobenen Gebühren gleich.

Aber im Büro? Da soll es ja vereinzelt durchaus Menschen geben, die tatsächlich arbeiten, statt sich in erster Linie zum Aufwärmen, Kaffeetrinken oder Blumengießen dorthin zu begeben und sich dabei vom Hörfunk bedudeln zu lassen. Den Menschen bei der GEZ mag das aus ihrer eigenen Lebenswirklichkeit heraus gesehen komisch vorkommen, es ist aber so.

Einer, der im Büro wohl überwiegend arbeitet, ist ein Rechtsanwalt aus Koblenz. Er hat daher seinen Beruf zum Hobby gemacht und zunächst erfolgreich geklagt.

Die Urteilsbegründung in Kurzfassung: Herkömmliche Rundfunkempfangsgeräte seien speziell für Hörfunk- oder Fernsehempfang ausgerichtet und würden zu diesem Zweck angeschafft. Anders verhalte es sich bei einem internetfähigen PC, der den Zugriff auf eine Fülle von Informationen ermögliche und in vielfacher Weise anderweitig genutzt werde. Dies gelte gerade im Fall einer beruflichen Nutzung des PC in Geschäfts- oder Kanzleiräumen, der dort typischerweise nicht zur Rundfunkteilnahme verwendet werde. Also: Nicht zahlen.

Aber wie so oft im Leben hat auch hier der Chef eine andere Ansicht: Das übergeordnete Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz hat jetzt entschieden, dass der Rechtsanwalt für seinen beruflich genutzten PC mit Internetzugang Rundfunkgebühren zahlen muss. Dies gelte nur dann nicht, wenn er ein herkömmliches Rundfunkgerät zu beruflichen Zwecken bereithalte und dafür bereits Gebühren zahle.

Das Gericht meint, die Gebührenpflicht für PCs mit Internetanschluss erschwere den Zugang zu den im Internet an sich unentgeltlich angebotenen Informationsquellen nicht unzumutbar und verstoße deshalb nicht gegen die verfassungsrechtlich geschützte Informationsfreiheit. Schließlich solle sie die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sichern. Anderenfalls bestehe die Möglichkeit, Rundfunk zu empfangen, ohne dafür Rundfunkgebühren entrichten zu müssen. Und das, da sind wir uns fast alle einig, wäre der Untergang des Abendlandes. Mindestens!

Unklar ist mir – und den meisten anderen wahrscheinlich auch -, was der Unterschied zwischen einem PC in einer Kanzlei und dem PC in einem Vereinsheim ist. Erst im November hatte nämlich das Verwaltungsgericht Braunschweig in einem Urteil (PDF) die Musik- und Sportgemeinschaft Peine-Ilsede e.V. von der Rundfunkgebührenpflicht für ihren PC befreit. Der Verein hatte mit der Begründung geklagt, der PC diene ausschließlich zur Verwaltung der Vereinsmitglieder und nicht zum Empfang von Rundfunkprogrammen. Ausgerechnet eine Musik– und Sportgemeinschaft! Der NDR war dagegen der Auffassung, es handle sich um ein sogenanntes „neuartiges Rundfunkgerät“, mit dem der Empfang von Rundfunkprogrammen grundsätzlich möglich ist. Daher müssten auch Rundfunkgebühren bezahlt werden.

In seiner Urteilsbegründung argumentierte das Gericht jedoch, dass bei einem herkömmlichen Gerät kaum eine andere Nutzung als der Rundfunkempfang denkbar sei. Daher sei es zulässig, allein aus dem Besitz eines betriebsbereiten Gerätes die Gebührenpflicht abzuleiten. Anders verhalte es sich dagegen bei „neuartigen Rundfunkempfangsgeräten“: Sie seien multifunktional, und aus dem bloßen Besitz könne nicht automatisch auf ein Bereithalten zum Rundfunkempfang geschlossen werden. Das Gericht erkannte das Argument des NDR zwar an, dass es schwierig sei, nachzuweisen, ob ein PC zum Rundfunkempfang genutzt werde. Doch aus diesem Umstand allein konnte das Gericht keine Gebührenpflicht herleiten.

Auf seiner Website setzt sich die GEZ über das Braunschweiger Gerichtsurteil großzügig hinweg und behauptet nach wie vor, dass es auf die konkrete Konfiguration oder Ausgestaltung des PC nicht ankomme: „Das Kriterium der Empfangsbereitschaft des Gerätes ist entscheidend. Ein Rundfunkempfangsgerät wird zum Empfang bereitgehalten, wenn damit ohne besonderen zusätzlichen technischen Aufwand Rundfunkdarbietungen empfangen werden können.“

Immerhin zeigt man sich so kulant, dass für den Fall, dass keine herkömmlichen Rundfunkgeräte, sondern ausschließlich neuartige Geräte auf ein und demselben Grundstück zum Empfang bereitgehalten werden, nach Ansicht der Gebühreneinsammler lediglich für eines dieser neuartigen Rundfunkgeräte Anmelde- und Gebührenpflicht besteht.

Absurd wird es auf der GEZ-Website einen Absatz später: Auch Unternehmen, die in ihrem Rechenzentrum zur Vermietung von Kapazitäten Server bereithalten, sind gebührenpflichtig. Rechenzentrumsbetreiber können jedoch aufatmen, denn auch hier zeigt sich die GEZ in ihrer unendlichen Güte großzügig: „Auf dem Grundstück des Hosting-Anbieters entsteht allerdings unabhängig von der Zahl der vorgehaltenen Server höchstens die Pflicht zur Zahlung einer Gebühr im Monat.“

Bringt jedoch ein Kunde einen in seinem Eigentum befindlichen Server im Rechenzentrum eines Dienstleistungsunternehmens unter, ist er in den Augen der Gebühreneinzieher „Rundfunkteilnehmer und grundsätzlich gebührenpflichtig, da der Server ein neuartiges Rundfunkempfangsgerät ist, über das er auch tatsächlich verfügen kann.“ Wenn es nicht so traurig wäre, zu welchen verkorksten Definitionen sich die GEZ versteigt, nur um am Ende auch in Bezug auf PCs, Notebooks, Handys und anderen neumodischen Kram ohne Röhren nicht in Argumentationsschwierigkeiten zu geraten, wäre es schon fast zum Lachen.

Deshalb meine Frage: Wie viele von Ihnen sind in letzter Zeit ins Rechenzentrum gefahren, um über den dort in Ihrem Auftrag betriebenen Server während der Arbeitszeit gemütlich Radio zu hören? Ich hoffe doch, nicht ohne dafür gezahlt zu haben? Denn Schwarzseher können wir in der Krise überhaupt nicht gebrauchen …

ZDNet.de Redaktion

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