Der Hightech-Verband Bitkom befürchtet, dass die Verabschiedung des neuen europäischen Rechtsrahmens in der Telekommunikation („Telekom-Paket“) scheitert. Da sich die EU-Parlamentarier gestern überraschend nicht auf den mit dem Rat der Europäischen Union gefundenen Kompromiss zu Internetsperren bei Urheberrechtsverletzungen einigen konnten, steht das Gesetzesvorhaben auf der Kippe. Der Ministerrat muss jetzt am 12. Juni über das Telekom-Paket entscheiden.
Der Bitkom rechnet damit, dass das Gesetzesvorhaben erneut in ein langwieriges Vermittlungsverfahren geht. „Das Telekom-Paket darf nicht an einem Seitenaspekt scheitern. Das wirft den Telekommunikationssektor um Jahre zurück“, sagte Bitkom-Präsident August-Wilhelm Scheer. Seiner Ansicht nach wäre es sinnvoller gewesen, das Thema Internetsperren aus dem Gesetzesvorhaben herauszuhalten. Noch sei strittig, ob bei wiederholten Urheberrechtsverstößen, beispielsweise der unerlaubten Weitergabe von Musik oder Filmen in Tauschbörsen, den Beschuldigten der Zugang zum Netz ohne richterliche Anordnung untersagt werden könne.
Das Telekom-Paket soll eine neue Gesetzesgrundlage für den europäischen Telekommunikationssektor schaffen, zu dem die Telefon-, Mobilfunk- und Breitbandnetze gehören. Der Abstimmung im EU-Parlament waren jahrelange, zum Teil kontroverse Verhandlungen zwischen Europäischem Parlament, EU-Kommission und den Mitgliedsländern vorausgegangen. In mehreren Richtlinien und Verordnungsvorschlägen sind unter anderem Bestimmungen zu Datenschutz, Frequenzvergabe und Marktregulierung enthalten.
„Das Telekom-Paket ist wichtig, da es Rechts- und Planungssicherheit für die kommenden zehn Jahre schafft“, sagte Scheer. Das gelte beispielsweise für den Ausbau von Breitbandnetzen der nächsten Generation. „Wer in neue Netze investiert, würde vom Telekom-Paket profitieren.“
Die nationalen Regulierungsbehörden sollen den Plänen zufolge Risiken der investierenden Unternehmen in Zukunft angemessen berücksichtigen und Vereinbarungen zur Diversifizierung von Investitionsrisiken zwischen Marktteilnehmern zulassen. In dem neu eingerichteten Gremium „Body of European Regulators for Electronic Communications“ (Berec) können sie sich abstimmen. „Die Schaffung eines bürokratischen Super-Regulierers auf EU-Ebene wäre damit vom Tisch. Das ist eine gute Nachricht für alle Marktteilnehmer“, so Scheer.
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