Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg hat in einem Tagesschau-Interview am Freitag zur Online-Petition gegen Internetzensur viele Unterzeichner verärgert. Wörtlich sagte er: „Es macht mich schon sehr betroffen, wenn pauschal der Eindruck entstehen sollte, dass es Menschen gibt, die sich gegen die Sperrung von kinderpornografischen Inhalten sträuben. Das ist nun wirklich eines der wichtigsten Vorhaben in vielerlei Hinsicht.“ Damit rückte er die Petenten in die Nähe von Kinderpornografiebefürwortern.

Den Petenten geht es allerdings explizit darum, dass Internetsperren kein adäquates Mittel zur Bekämpfung der Kinderpornografie seien. Weder DNS-Umleitungen noch IP-Sperren könnten ernsthafte Wirkung zeigen. Auch viele Vereine gegen Kinderpornografie wie Carechild e.V. wenden sich gegen das sogenannte Internetzensurgesetz. Vielmehr vermuten viele Petenten, dass das Thema Kinderpornografie dazu missbraucht wird, um die Hemmschwelle der Bevölkerung bezüglich Internetzensur zu senken. Als weitere mögliche Sperrziele nannten einige Petenten Torrent-Suchmaschinen und regierungskritische Websites, beispielsweise Wikileaks.

Im Internet aufgetauchte Sperrlisten anderer Länder hätten gezeigt, dass dort auch viele Websites ohne kinderpornografischen Inhalt aufgenommen würden. Zudem handle es sich bei über 90 Prozent der Server um Standorte in Europa und Nordamerika, so dass eine Strafverfolgung eingeleitet werden könne. Die Abschaltung von Servern halten die Petenten für ein wirkungsvolleres Mittel als technisch fragwürdige Sperren, die man durch die Verwendung alternativer DNS-Server oder HTTP-Proxies umgehen kann.

Man könne nicht China kritisieren, im eigenen Land aber die gleichen Methoden implementieren. Außerdem wurde kritisiert, dass die Sperrliste vom BKA allein erstellt werde, ohne dass der Grundrechtseingriff nachträglich einer richterlichen Prüfung bedarf, der sicherstellen soll, dass tatsächlich nur kinderpornografische Inhalte gesperrt werden, die durch den Gesetzestext gedeckt sind.

Viele Petenten brachten ihren Unmut im offiziellen Diskussionsforum des Bundestages zum Ausdruck. Dort ist eine Diskussion jedoch nur eingeschränkt möglich. Unter Berufung auf die Richtlinien, die unter anderem Links verbieten, löschten die Moderatoren des Bundestagsforum eine erhebliche Anzahl von Beiträgen. Allerdings wurden auch viele Beiträge gelöscht, die den Richtlinien formal entsprachen. Aus Gründen der „Übersichtlichkeit“ sperrten und löschten die Moderatoren Beiträge und Themen nach nicht nachvollziehbaren Kriterien. Dazu gehörte auch die Diskussion über Guttenbergs Tagesschau-Interview. Weiter drohten die Moderatoren an, das Diskussionsforum zu dieser Petition komplett zu schließen.

Weder Guttenbergs Interview noch die Beitragslöschungen im Bundestagsforum hielten Petenten am Wochenende von der Zeichnung ab. Von Freitagabend bis Montagmorgen zählte die Petition weitere 12.000 Petenten, so das insgesamt mehr als 70.000 Bürger die Petition unterzeichnet haben. Typischerweise haben Online-Petitionen weniger als 1000 Zeichner.

Da 50.000 Unterschriften überschritten sind, erhält Initiatorin Franziska Heine die Gelegenheit, das Anliegen dem Petitionsausschuss persönlich vorzubringen. Allerdings ist damit zu rechnen, dass dies erst der Fall sein wird, wenn das Gesetz bereits in Kraft getreten ist. Ebenso wenig ist damit zu rechnen, dass die große Zahl von Petenten die Volksvertreter dazu bewegt, ihr Abstimmungsverhalten zu ändern.

ZDNet.de Redaktion

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