Früher kannte man solche Meldungen nur aus China, dem Iran, oder anderen, ohnehin verdächtigen Staaten: Internetsperren und staatliche URL-Filterungen, Zugangsbeschränkungen und Surf-Verbote. Darüber berichtet wurde höchstens von Menschenrechtsorganisationen und Dissidentengruppen. Aber wie sich die Zeiten ändern: Auf einmal gehören diese Themen zum täglichen Artikelkanon aller Medien. Besonders hoch schwappen die Wellen in Frankreich und in Deutschland.
Aber während Deutschland noch diskutiert, hat Frankreich schon Tatsachen geschaffen: Im Mutterland der Menschen- und Bürgerrechte sorgte diese Woche „Hadopi“ für Aufregung. Die Abkürzung steht für „Haute Autorité pour la Diffusion des oeuvres et la Protection des Droits sur Internet“. Dahinter verbirgt sich eine neue Behörde. Deren Einrichtung wurde diese Woche im zweiten Anlauf von Nationalversammlung und Senat beschlossen. Ihre Aufgabe ist, gegen illegales Filesharing und rechtswidrige Downloads von urheberrechtlich geschütztem Material vorzugehen.
Dazu soll sie Bösewichten – nach zwei Warnungen per E-Mail und einer dritten per Brief – bis zu einem Jahr den Internetzugang sperren können. So stand es zumindest fast überall. Das soll übrigens ohne Gerichtsverfahren oder anderen lästigen Behördenkram möglich sein. Aber wie funktioniert das im Detail? Haben die französischen Abgeordneten auch nur eine Sekunde ernsthaft darüber nachgedacht, wie man jemandem den Internetzugang sperrt?
Wahrscheinlich nicht. Denn auch ohne alle technischen Kenntnisse ist die Umgehung der Strafe lächerlich einfach. Sorgt Hadopi etwa dafür, dass die Verbindung durch den Provider unterbrochen wird, kauft sich der Betroffene doch einfach eine UMTS-Karte für sein Notebook. Falls er dazu einen Ausweis benötigt, damit sich überprüfen lässt, ob er sowas überhaupt erwerben darf, lässt er sich die Karte eben von einem Bekannten kaufen.
Oder er geht ins Internet-Café. Auch für diese subversiven Orte wären dann natürlich Ausweiskontrollen und der Abgleich der Besucherlisten mit einer zentralen Datenbank notwendig. Wie soll man sonst alle erwischen, die ihre Strafe umgehen wollen? Und hoffentlich arbeitet der Gesperrte nicht in einem Büro mit dem PC. Ansonsten muss der Administrator dafür sorgen, dass der Urheberrechtsverletzer sich dort keinen Zugriff auf das für ihn verbotene Internet erschleicht.
Interessant wird es auch, wenn den ersten Hotels und WLAN-Hotspot-Betreibern an Flughäfen oder anderen öffentlichen Plätzen vom Provider die Verbindung zum Internet abgezwickt wird, weil bei ihnen drei Mal der Download urheberrechtlich geschützter Inhalte festgestellt wurde. Die Liste ließe sich fast beliebig fortsetzen, der Blogger Sebastian von Bomhard, im Hauptberuf Vorstand des Providers Spacenet, hat beispielsweise noch einige Szenarien parat.
Langer Rede kurzer Sinn: Schon bald könnten die in Frankreich Regierenden merken, dass „Hadopi“ und Internetverbote keine gute Idee waren. Außer das Ziel der Aktion wäre es, den Verwaltungsapparat aufzublähen. Aber möglicherweise wird es ja Ausnahmegenehmigungen geben? Dann kann man sicher darauf warten, bis findige Franzosen an diesen Orten die ersten Filesharing-Partys organisieren. Und wenn der böse Brief kommt, dann packt die Partygesellschaft einfach ihre Notebooks ein und zieht weiter …
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