Wieder einmal muss ich davor warnen, dass Politiker den Begriff "Netzneutralität" zu instrumentalisieren versuchen, sprich ihn für eigene Zwecke umdefinieren wollen. In einer ZDNet-News von heute kann man nachlesen, was EU-Kommissarin Viviane Reding darunter versteht: Netzneutralität sei ungefähr sowas wie ein "Grundrecht auf freien Internetzugang" und mache das französische „Hadopi-Gesetz“ gegen Filesharer obsolet.
Ich sage: Einspruch! Ein „Grundrecht“ auf Internetzugang, der dem Zugang zum „Dienst Telefonie“ gleichgestellt ist, ist zwar wünschenswert, aber hat mit Netzneutralität wenig zu tun, sondern mit dem bereits verbrieften Recht auf Informationsfreiheit.
Netzneutralität bedeutet unter anderem
Damit wäre unter anderem dem Internetzensurgesetz, das die Darstellung realer Kinderpornografie im virtuellen Internet eher fördert als behindert, ein Riegel vorgeschoben. Ferner verböten sich AGBs oder technische Maßnahmen, die die UMTS-Zugangsanbieter einsetzen, um einen Internetzugang zu beschränken. Die öffentlichen Funkfrequenzen sind viel zu knapp, um sie der Providerwillkür zu überlassen.
Die von den Anbietern angeführten technischen Gründe sind allein schon deswegen lächerlich, weil es Vodafone in Österreich beispielsweise schafft, seine UMTS-Zugänge über das A1-Netz mit öffentlicher IP-Adresse und ohne Verbot von Skype und Instant Messaging anzubieten. In Deutschland gibt es nur einen NAT-Zugang mit 10.0.0.0/8-Adresse, zweifelhaften AGBs und Androhung von technischen Sperren gegen die „illegalen“ Dienste.
Nicht zur Netzneutralität zählen neben einem Recht auf Internetzugang auch Linkverbote jeder Art. Nicht jedes gegen die Freiheit des Internets gerichtete Verbot hat etwas mit Netzneutralität zu tun. Denn die Links liegen nicht im Netz, sondern auf den Computern, die das Netz verbindet. Das ist etwas grundsätzlich anderes. Wer diesen Unterschied verstanden hat, weiß auch wie richtig und wichtig die Forderung „Löschen statt Sperren“ ist und dass die Zensursula-Auffassung falsch ist.
Absurd: CDU-Forderung nach Bezahlpflicht für Links
Man kann heute keinem normaldenkenden „Netzbürger“ vermitteln, wieso man für die Inhalte eines anderen zur Verantwortung gezogen werden kann, nur weil man auf sie verweist, wie es der analogen Rechtsauffassung des Landgerichts Hamburg entspricht. In diesem Zusammenhang muss man auch eine bisher wenig beachtete Passage des CDU-Wahlprogramms betrachten.
Dort heißt es: „Es ist eine gemeinsame Aufgabe von Politik und Verlagen, verstärkt das Bewusstsein für den Wert und die Relevanz von Zeitungen und Zeitschriften in der Gesellschaft als Kulturgut zu verankern. Im Online-Bereich dürfen die Verlage nicht schlechter gestellt werden als andere sogenannte Werkvermittler. Falls erforderlich werden wir ein eigenes Leistungsschutzrecht für Verlage zum Schutz der Presseprodukte im Internet schaffen“.
Das bedeutet nichts anderes, als dass „Werkvermittler“ wie Google News und ShortNews.de für Links, die sie auf die Online-Angebote von Printmedien setzen, Geld bezahlen sollen. Schutzrechte wie das Patentrecht und das Urheberrecht verbieten nichts, aber sie verpflichten zu einer Vergütung. Ob auch Online-only-Medien wie ZDNet oder private Blogs für Links auf Printmedien zahlen sollen, lässt sich aus der CDU-Forderung nicht eindeutig entnehmen. Auf jeden Fall ist es wider die Natur des Internets, eine Bezahlpflicht für Links zu fordern.
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