Rechtliche Aspekte von Blogs: ein Experte im Interview

ZDNet.de: Was hat man als Blog-Betreiber zu befürchten, wenn man einen solchen Kommentar nicht löscht?

Kaufmann: Liegt tatsächlich eine Rechtsverletzung vor und wird nicht gelöscht, wird es richtig teuer. Schließlich kann der Blog-Betreiber dann als sogenannter „Störer“ in Anspruch genommen werden. Konkret bedeutet das: Der Betreiber hat mit dem Blog einem Dritten die Rechtsverletzung überhaupt erst ermöglicht und ist als Inhaber in der Lage, die Rechtsverletzung durch Löschung abzustellen. Tut er dies nicht, muss er im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung die Abmahnkosten zahlen. Dazu kommen dann noch die Kosten für das Gerichtsverfahren.

ZDNet.de:Wo hat der Gesetzgeber das geregelt?

Kaufmann: Leider nirgends. Dass mussten erst die Gerichte so entwickeln. Das wundert mich aber nicht, da der deutsche Gesetzgeber in Sachen Neue Medien grundsätzliche Entscheidungen meidet wie der Teufel das Weihwasser. Da lässt man die Betroffenen auf der einen Seite erst einmal im Regen stehen, und auf der anderen Seite wird etwa der E-Commerce als Jobmaschine gepriesen. Werden die zuständigen Ministerien dann doch mal tätig, muss man als Jurist häufig die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. So etwa in Bezug auf das Widerrufsrecht bei Onlineshops: Die Regierung erlässt ein Widerrufsmuster, dass schon beim Erlass rechtswidrig ist und aufgrund dessen Shopinhaber abgemahnt werden.

ZDNet.de: Woran erkennt ein Blog-Betreiber denn, ob beispielsweise ein Kommentar rechtswidrig ist? Schließlich haben die wenigsten Blog-Inhaber Lust, Kommentare zu löschen, sind sie doch ein Zeichen von Interesse an ihrem Angebot und möglicherweise Auslöser einer längeren und interessanten Diskussion.

Kaufmann: Maßgeblich ist der Einzelfall. Aber man muss nicht unbedingt ein versierter Jurist sein, um die richtige Entscheidung zu treffen, in vielen Fällen reicht auch der gesunde Menschenverstand. Wenn ein Kommentar lautet „Der X ist ein Arschloch und betrügt, bis der Arzt kommt“ handelt es sich ersichtlich um eine Verbalinjurie, die zu löschen ist. Es verhält sich wie in der Offline-Welt. Es leuchtet ja wohl jedermann ein, dass man einen Dritten in der Öffentlichkeit nicht derartig titulieren darf. Aber es gibt natürlich Sachverhalte, bei denen es schwierig wird, einzuschätzen, ob sie noch rechtlich zulässig sind oder nicht. Da hilft dann nur, einen Rechtsanwalt einzuschalten.

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ZDNet.de Redaktion

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