OC&C Strategy Consultants und die Investmentbank Sal. Oppenheim haben die Ergebnisse einer gemeinsamen Studie zur Struktur und Entwicklung des deutschen Breitbandmarktes vorgelegt. Sie prognostiziert eine erhebliche Konsolidierung im deutschen DSL- und Kabelsektor. Die Autoren analysieren darin 77 Übernahmeoptionen und halten 18 davon für möglich oder wahrscheinlich.
Ihrer Ansicht nach haben sich in Folge der aktuellen Marktbedingungen – zahlreiche Wettbewerber, sinkende Wachstumsraten, hohe Investitionserfordernisse – einige Anbieter zu Übernahmekandidaten entwickelt. Potenten Kaufinteressenten biete sich nun gute Gelegenheit, ihr Portfolio auszubauen. „Insbesondere kleinere Anbieter benötigen rasch Zugang zu Skaleneffekten größerer Wettbewerber – entweder im selben Geschäftsfeld oder in verwandten Sektoren. Sonst droht ihnen das Aus“, sagt Arndt Rautenberg von OC&C Strategy Consultants.
In Deutschland können Kunden in einigen Regionen aus bis zu zehn Anbietern wählen, die jeweils eine Handvoll unterschiedlicher Tarife und Optionen anbieten. Gleichzeitig werde für die Anbieter der Spielraum geringer, eigene Produkte sinnvoll zu differenzieren. Designfragen – wie etwa bei Endgeräten im Mobilfunk – oder besondere Inhalte seien im Festnetz nebensächlich. Qualitäts- und Serviceaspekte spielten zumindest bei der ersten Auswahl des Anbieters ebenfalls kaum eine Rolle. „In Deutschland bleibt nur der harte Preiswettbewerb als Differenzierungschance – die Konsolidierung ist für viele Anbieter der einzige Ausweg aus der entstehenden Abwärtsspirale“, so Frank Rothauge von Sal. Oppenheim.
Für 2009 erwarten Rothauge und Rautenberg eine weitere Verlangsamung des Marktwachstums mit deutlich unter zwei Millionen Neuanschlüssen. Sie können sich zwar eine Breitband-Penetration von über 85 Prozent vorstellen, aber festnetzbasierte Breitbandanbieter werden sich ihrer Ansicht nach den Markt mit mobilen Breitbandangeboten teilen müssen. Die Studie prognostiziert für das Jahr 2010 nur noch etwas mehr als eine Million Neuanschlüsse. Das sei eine zu geringe Zahl, um den Umsatzrückgang durch fortgesetzten Preisverfall in der Branche kompensieren zu können.
Als Käufer für Hansenet kommt laut der Studie am ehesten Télefonica in Betracht. „Wir glauben nicht, dass United Internet ernsthaft für Hansenet bietet, denn der erwartete Kaufpreis von circa einer Milliarde Euro übersteigt vermutlich die Möglichkeiten des Unternehmens“, so Rothauge.
In der deutschen Kabelindustrie sieht die Studie vor allem die Kabel Deutschland GmbH (KDG) für Zukäufe gut positioniert. Durch zweistellige Wachstumsraten bei Umsatz und EBITDA habe Deutschlands größter Kabelnetzbetreiber eine beachtliche EBITDA-Marge von 43,2 Prozent erzielt. Die Haupteigentümer Providence Equity (88 Prozent) und Ontario Teachers‘ Pension Fund (8 Prozent) wären zudem in der Lage, einen Konsolidierungszug zu unterstützen. Auch Unitymedia, Deutschlands zweitgrößten Kabelanbieter, sieht die Studie als potentiellen Käufer. Zudem sei bei Versatel und Vodafone vorstellbar, dass sie unter gewissen Umständen in die Konsolidierung eingreifen.
Ein Übernahmeziel stelle Orion Cable mit den Tochtergesellschaften Tele Columbus und PrimaCom dar. Mittelfristig müsse auch Kabel BW als Übernahmekandidat gelten. Deutschlands viertgrößter Kabelnetzbetreiber sei trotz positiver Entwicklung in den vergangenen Quartalen zu klein, um allein langfristig zu bestehen.
Im Gegensatz zum Bundeskartellamt halten die Verfasser der Studie weitere Zusammenschlüsse im Kabelmarkt für unkritisch. „Warum ein Zusammenschluss etwa von Unitymedia und Kabel BW den Wettbewerb in Deutschland nachhaltig stören sollte, ist uns nicht ersichtlich“, so Rautenberg. „Nur auf Basis größerer Regionen und einer breiteren Kundenbasis werden die Kabelnetzbetreiber langfristig erfolgreich gegen ihre bundesweit agierenden DSL-Wettbewerber antreten können.“
Der Bundesregierung empfehlen die Autoren der Studie, ihre geplante Strategie zur Stimulierung von Breitbandinvestitionen zu überdenken. Statt einer vermeintlich investitionsfreundlichen Regulierung sei ein Breitbandfinanzierungsprogramm für kleinere Anbieter durch die KfW die sinnvollere Maßnahme. „Stellt die Bundesregierung keine alternativen Finanzierungen bereit, wird sie mit hoher Wahrscheinlichkeit ihr Ziel verfehlen, 75 Prozent der deutschen Haushalte bis 2014 mit einem Breitband-Anschluss zu versorgen“, sagt Rothauge.
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