Die EU-Kommission hat sich im Verfahren um Paragraf 9a des Telekommunikationsgesetzes vor dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gegen die Bundesregierung durchgesetzt. Damit ist das im Juni 2007 von der EU-Kommission eingeleitete Vertragsverletzungsverfahren abgeschlossen.
Der Paragraf sollte dafür sorgen, dass „neue Märkte“ von der Regulierung ausgenommen sind. Konkret davon betroffen war der VDSL-Ausbau. Die Wettbewerber kritisierten den Paragrafen als einseitige Bevorzugung der Deutschen Telekom und Eingriff in den Zuständigkeitsbereich der Regulierungsbehörden. Die Bundesregierung hat wiederholt bestritten, dass es sich um eine einseitige Begünstigung der Telekom handelt.
Die Richter sahen es jetzt jedoch als erwiesen an, dass die Bundesrepublik Deutschland durch den Erlass von Paragraf 9a des Telekommunikationsgesetzes am 22. Juni 2004 gegen ihre Verpflichtungen aus Richtlinien des Europäischen Parlaments und des Europäischen Rates von 2002 verstoßen hat. Betroffen sind die europäischen Regelungen zu den Zugang zu elektronischen Kommunikationsnetzen und zugehörige Einrichtungen sowie deren Zusammenschaltung, zu einem gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und ‑dienste sowie zum Universaldienst und den Nutzerrechten bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten.
Die Kommission wandte sich gegen den Paragrafen, da aus ihrer Sicht die darin vorgesehene Regelung die Wettbewerbsposition der Wettbewerber gefährde und den Zugang neuer Marktteilnehmer zu den deutschen Märkten erschwere. Außerdem beschneide er auch den der Bundesnetzagentur nach europäischem Recht zustehenden Ermessensspielraum. Die Regulierungsbehörde und nicht Politik oder Gesetzgeber habe über geeignete Maßnahmen zu beraten.
„Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes ist ein positives Signal für den Wettbewerb auf dem deutschen Telekommunikationsmarkt und damit auch für die Verbraucher“, sagt Jürgen Grützner, Geschäftsführer des Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten e.V. (VATM). „Gesetzlich verordnete Regulierungsferien verzögern in der Praxis den Netzausbau, verringern die ökonomisch sinnvolle Netzauslastung und dienen allein kurzfristigen strategischen Zielen von marktbeherrschenden Unternehmen.“ Seiner Ansicht nach hat das Gericht hat die Unabhängigkeit der Bundesnetzagentur gestärkt. Das Urteil zeige, „dass eine Einmischung der Politik in Form eines Regulierungsverzichts zu Gunsten des Ex-Monopolisten und damit Einschränkungen der Entscheidungsbefugnis der Regulierungsbehörde unzulässig sind.“
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