Der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) hat Vertreter der Piratenpartei am Dienstag spontan in die Staatskanzlei zu einem halbstündigen Gespräch eingeladen. Er hatte einen Infostand der Piraten unmittelbar vor seinem Amtssitz bemerkt.
Die Piratenpartei protestierte am Dienstag in Wiesbaden und elf weiteren Landeshauptstädten gegen die Neufassung des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags (JMStV). Die Partei und mehrere Bürgerrechtsorganisationen wie der AK Zensur kritisieren, dass Inhaltsanbieter im Internet auch für nicht jugendfreie Inhalte ihrer Nutzer verantwortlich gemacht werden, beispielsweise in Leserkommentaren. Das sei vor allem kleinen und nicht kommerziellen Anbietern nicht zuzumuten. Die Alternative einer „Sendezeitbegrenzung“ im Internet auf 22 bis 6 Uhr sei sogar völlig absurd.
Beide Seiten werteten das Gespräch positiv: Koch versicherte den Vertretern der Piratenpartei, er nehme das Thema Freiheit im Internet sehr ernst. Es müssten aber auch Kinder und Jugendliche vor gefährlichen Inhalten geschützt werden, daher sei eine Güterabwägung nötig.
Kochs Regierungssprecher Dirk Metz sprach von einem sehr konstruktiven Gespräch. Er habe das Gefühl gehabt, dass die Vertreter der Piratenpartei die Staatskanzlei nicht ohne eine gewisse Nachdenklichkeit verlassen hätten.
Auch die Piraten zeigten sich erfreut über die Gesprächsbereitschaft der CDU: „Wir sind gerne bereit, unsere Kompetenz bei Internet-Themen auch anderen Parteien zur Verfügung zu stellen“, sagt Heiko Herberg, Bundesvorsitzender der Jungen Piraten.
Lukas Lamla, Listenkandidat der Piraten für die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen, fügt hinzu: „Wichtig ist uns, dass wir unsere Ziele erreichen – egal, wer sie politisch umsetzt. Wir freuen uns, dass die CDU dies offenbar anerkennt und nicht aus wahlkampftaktischen Erwägungen aus Prinzip eine gegensätzliche Position einnimmt.“
Auch andere CDU-Spitzenpolitiker verlieren immer mehr Berührungsängste mit der Piratenpartei. In Düsseldorf traf der NRW-Minister für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien sowie frisch gewählte CDU-Generalsekretär Andreas Krautscheid mit dem Piraten-Spitzenkandidaten Nico Kern zusammen.
Bundesfamilienministerin Kristina Schröder scheint bereits seit längerem Kontakte zur Piratenpartei geknüpft zu haben. Gegenüber Spiegel-Online sagte sie, wenn sie mit "ihren Wiesbadener Piraten" diskutiere, könne das auch sehr positiv sein, obwohl einige Mitglieder "sehr speziell" seien. Sie kündigte ferner an, einen der nächsten Piraten-Stammtische in Wiesbaden zu besuchen.
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