Das Leben des Heinz


SAP-Forschungsleiter Lutz Heuser hat mit dem fiktiven Tagebuch „Heinz´ Life“ eine persönliche Geschichte des Computers vorgelegt (Bild: Hanser Verlag).

Der PC gehört in den Industrieländern heute für die meisten Menschen selbstverständlich zum Alltag. Das war nicht immer so – und wird auch nicht immer so sein, schreibt SAP-Forschungsleiter Lutz Heuser in seinem Buch „Heinz‘ Life“ – dem fiktiven Tagebuch eines Technikbegeisterten.

Heinz ist – wahrscheinlich nicht ganz zufällig – ebenso wie sein geistiger Vater Lutz Heuser 1962 geboren. Von Kindesbeinen an verfolgt er die Entwicklung von Informatik und Telekommunikation. Seine Eindrücke und Erlebnisse schildert er in einem Tagebuch, das in der Rückschau aus der Perspektive des Jahres 2032 verfasst ist.

Sicher ebenfalls nicht ganz zufällig ist Heinz immer gerade dort zur Stelle, wo sich etwas Aufregendes tut. Oder trifft Menschen, die an entscheidenden Fortschritten der IT teilhatten. Das kommt nicht von ungefähr, denn Lutz Heuser ist zwar der Erfinder von Heinz, die Tagebucheinträge stammen aber überwiegend aus der Feder oder basieren auf den Erzählungen anderer, teilweise sehr prominenter Co-Autoren und Co-Autorinnen. Zu ihnen zählen der Internetpionier Vinton Cerf, die „Altavista-Mutter“ Joelle Paquette und über 20 Professoren aus dem deutschen Sprachraum.

Durch deren Schilderungen aus der Sicht von Heinz bekommen besonders die Kapitel aus der Frühzeit der IT mit oft unbekannten Anekdoten und viel deutschem Lokalkolorit einen besonderen Reiz. Sehr lobenswert: Der Blick geht dabei nicht nur über den großen Teich, sondern auch immer wieder gen Osten und bezieht die Entwicklung der Rechnertechnik in der DDR mit ein – ein Thema, über das man sonst nicht viel liest.

Aber: Heinz‘ Life ist kein wissenschaftliches Sachbuch und auch keine komplette Sammlung aller Ereignisse und Entwicklungsschritte der IT. Es handelt sich um ein weitgehend unterhaltsam geschriebenes Tagebuch mit einer persönlichen Sicht einer aus vielen Persönlichkeiten zusammengesetzten Kunstfigur.

Man merkt Heinz beispielsweise an, dass sein „Vater“ an der TU Darmstadt studierte und an der TH Karlsruhe promovierte. Man merkt, dass er Projektmanager bei Digital Equipment war, sich mit objektorientierter Programmierung bei verteiltem Rechnen befasst hat sowie bei SAP mit der Entwicklung von Workflow-Management-Systemen und webbasierten Anwendungssystemen betraut und von der Idee des „Internet der Dinge“ begeistert ist. Dementsprechent hat er sich viel mit den Einsatzmöglichkeiten von RFID beschäftigt.

Diese Themen kommen im Tagebuch nämlich intensiver vor, als ein völlig unvoreingenommener Leser erwarten würde. Und während SAP, DEC oder IBM ein paar Mal genannt werden, tauchen andere Branchengrößen in dem Buch so gut wie gar nicht auf. Und aus diesen Interessensgebieten leiten sich auch die – aus heutiger Sicht – Zukunftsszenarien der Jahre 2012 bis 2032 in Heinz Tagebuch ab. Doch das ist wie gesagt in Ordnung, schließlich ist es keine Enzyklopädie. Und „Heinz“ ist eben trotz seiner vielen Väter und Mütter auch ein bißchen „Lutz“.

Die Kapitel über die Vergangenheit sind durchweg gut lesbar, interessant und unterhaltsam. Die Schwäche des Buches sind die Kapitel über die Zukunft. Zwar wird dabei versucht, die naturgemäß fehlenden Anekdoten und Insidergeschichten durch Fantasie zu ersetzen, das gelingt aber kaum. Dadurch klingen die Geschichten vom komplett durchorganisierten und computerisierten Leben oft etwas platt und ähneln fast den Visionen der fünfziger und sechziger Jahre, die Heuser zuvor selbst auf die Schippe nimmt.

Schade auch, dass fast nur die Vorteile einer weitergehenden Durchdringung aller Lebensbereiche mit Computertechnologie aufgezeigt werden. Potenzielle Nachteile und Nebenwirkungen werden einfach beiseite gewischt. Bis auf zwei kleine Ausflüge nach Südafrika und Indien ist Heinz in seiner fiktiven Zukunft zudem ganz in Deutschland verhaftet – das trotz allem Wohlwollen auch in der Zukunft sicher nicht das Zentrum der Welt sein wird. Andererseits ist das „Tagebuch“ aber eben auch die persönliche Sicht der Kunstfigur Heinz, die nicht einer sterilen Objektivität verpflichtet ist. So gelesen ist es interessant und tatächlich eine „kleine Geschichte vom Kommen und Gehen des Computers“, wie das der Untertitel verspricht.

ZDNet.de Redaktion

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