„Piëch weiß: Entweder er schafft das Elektroauto, oder es ist vorbei.“ Nach solchen Visionen suche man bei Plattner vergebens – stattdessen propagiere er das Wohlfühl-Unternehmen. Zudem kämen zu viele der obersten SAP-Manager aus Deutschland, während man fähige Nachwuchsführungskräfte aus der zweiten Reihe systematisch aus der Firma gedrängt habe.
Als tieferen Grund der Misere sieht Gümbel, dass außer den Investoren niemand wirklich Druck auf SAP ausübe oder ausüben könne: Die Kunden seien zu abhängig, Konkurrenz gebe es kaum. Und das Ziel der Investoren sei in erster Linie jederzeit eine dicke Rendite – nicht ein paar magere Jahre, weil die Firma von Grund auf umgekrempelt werde.
Genau dies sei aber nötig, um das Geschäft, die Kultur und die Produkte an die geänderte Situation auf den Märkten anzupassen. „SAP kriegt die Kurve nicht, wenn die Firma nicht von der Börse genommen wird oder eine Holding-Struktur erhält, um neue Bereiche aus- und die nicht mehr funktionierenden abzubauen“, prophezeit Gümbel hinsichtlich der nächsten fünf Jahre.
Risiko für SAP-Spezialisten
Diese Situation bedeute auch ein hohes Risiko für SAP-Spezialisten. „Es wird ihnen so gehen wie den Mainframe-Programmierern in der Zeit, als sich Client/Server durchsetzte“, warnt Gümbel. Damals konnten viele hoch spezialisierte Mainframe-Fachleute ihr Wissen nicht mehr einsetzen und gerieten deswegen in berufliche Probleme. „Die SAP-Community wirkt zudem an sich retardierend“, spitzte Gümbel zu, „weil sie moderneren Softwaretechniken wie Java wenig aufgeschlossen ist.“ SAP-Weiterbildungen werden heute von Arbeitsämtern gern finanziert, melden doch einschlägige Portale regelmäßig seit Jahren eine hohe Nachfrage nach SAP-Spezialisten.
Die in München anwesenden Anwender quittierten Gümbels Suada mit heftigem Beifall. Möglicherweise sollten IT-Spezialisten mit Weiterbildungsdrang vor diesem Hintergrund durchaus eine Minute länger darüber nachdenken, ob ein SAP-Kurs langfristig wirklich das Beste für sie ist.
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