BGH zu ungesicherten WLANs: Schadenersatz passé, Störerhaftung bleibt

Privatpersonen können zwar auf Unterlassung, nicht aber auf Schadenersatz in Anspruch genommen werden, wenn über ihr nicht ausreichend gesichertes WLAN von unberechtigten Dritten Urheberrechtsverletzungen im Internet begangen werden, so der Bundesgerichtshof in einem heute ergangenen Urteil (Aktenzeichen I ZR 121/08).

Im vorliegenden Fall hatte eine Frankfurter Plattenfirma gegen den Inhaber eines WLAN-Anschlusses geklagt, weil über seine IP-Adresse nachweislich ein urheberrechtlich geschützter Musiktitel im Internet angeboten wurde. Das Musiklabel behauptete, dass das WLAN-Netz des Mannes, der zur fraglichen Zeit im Urlaub war, aktiviert und nicht ausreichend gesichert gewesen sei. Daher forderte es Schadenersatz, Unterlassung und Erstattung der Abmahnkosten. Der Anschlussinhaber wies jegliche Vorwürfe zurück.

Die Vorinstanzen in Frankfurt waren zu unterschiedlichen Urteilen gekommen. Das Landgericht folgte vorherigen Entscheidungen, die besagen, dass ein Anschlussbesitzer als sogenannter Störer abgemahnt werden darf, wenn er sein WLAN nicht ausreichend vor unbefugtem Zugriff schützt (Aktenzeichen 2/3 O 19/07). Das Oberlandesgericht wies die Klage dagegen mit dem Hinweis ab, dass der WLAN-Betreiber grundsätzlich nicht für Fremdverstöße haften müsse (Aktenzeichen 11 U 52/07).

Der Bundesgerichtshof hat das Berufungsurteil jetzt teilweise aufgehoben. Für rechtmäßig erachtet er den Unterlassungsantrag und den Antrag auf Zahlung der Abmahnkosten. Eine Haftung des Beklagten als Täter oder Teilnehmer einer Urheberrechtsverletzung komme jedoch nicht in Betracht. Auch privaten Anschlussinhabern obliege aber eine Pflicht, zu prüfen, ob ihr WLAN-Anschluss durch angemessene Sicherungsmaßnahmen vor der Gefahr geschützt ist, von unberechtigten Dritten missbraucht zu werden.

Privaten Betreiber eines WLAN-Netzes könne jedoch nicht zugemutet werden, ihre Netzwerksicherheit fortlaufend dem neuesten Stand der Technik anzupassen und dafür entsprechende finanzielle Mittel aufzuwenden, so der BGH. Die Prüfpflicht beziehe sich daher auf die Einhaltung der zum Zeitpunkt der Installation des Routers für den privaten Bereich marktüblichen Sicherungen.

Diese Pflicht hatte der Beklagte nach Auffassung der Karlsruher Richter jedoch verletzt. Er hatte es bei den werkseitigen Standardsicherheitseinstellungen des WLAN-Routers belassen und das Passwort nicht durch ein persönliches, ausreichend langes und sicheres ersetzt. Ein solcher Passwortschutz sei für private WLAN-Nutzer auch im Jahre 2006 bereits üblich und zumutbar gewesen. Außerdem habe er im Eigeninteresse aller berechtigten Nutzer gelegen und sei mit keinen Mehrkosten verbunden gewesen.

Der Beklagte haftet laut Bundesgerichtshof deshalb nach den Grundsätzen der sogenannten Störerhaftung auf Unterlassung und Erstattung der Abmahnkosten. Nach aktuell geltendem, im Streitfall aber noch nicht anwendbaren Recht, fallen dafür maximal 100 Euro an. Diese Haftung bestehe schon nach der ersten über seinen WLAN-Anschluss begangenen Urheberrechtsverletzung, so das oberste Gericht. Damit dürfte das Geschäftsmodell von Abmahnanwälten passé sein.

Der Beklagte ist dagegen nicht zur Zahlung von Schadenersatz verpflichtet. Eine Haftung als Täter einer Urheberrechtsverletzung sieht der Bundesgerichtshof nicht, denn der Beklagte habe den fraglichen Musiktitel ja nicht im Internet zugänglich gemacht. Eine Haftung als Gehilfe bei der fremden Urheberrechtsverletzung hätte Vorsatz vorausgesetzt. Den sah das Gericht aber im verhandelten Fall ebenfalls nicht.

ZDNet.de Redaktion

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