Die EU-Kommission hat in der jetzt vorgestellten Digitalen Agenda einen Plan entworfen, nach dem in der Europäischen Union ein einheitlicher digitaler Wirtschaftsraum entstehen soll. Dieser erleichtere EU-Bürgern grenzüberschreitenden Einkauf und Handel.
Laut der Agenda müssen die Gesetze und Vorschriften in den Sektoren E-Commerce, Gesundheitswesen, Urheberrecht und technische Standards europaweit harmonisiert werden. „Ich kann einem europäischen Bürger nicht erklären, warum es einfacher ist, Produkte und Dienstleistungen online in den USA zu erwerben, als gleich um die Ecke in einem EU-Mitgliedsstaat“, sagte die zuständige EU-Kommissarin Neelie Kroes.
92 Prozent der Europäer, die Waren oder Dienstleistungen über das Internet kauften, täten das bei Anbietern in ihrem eigenen Land. Sechzig Prozent der versuchten grenzüberschreitenden E-Commerce-Transaktionen scheiterten aus juristischen oder technischen Gründen, oder weil ausländische Kreditkarten abgelehnt würden.
Man müsse gesetzliche Schranken beseitigen und bestimmte Faktoren harmonisieren, um einen einheitlichen digitalen Wirtschaftsraum zu schaffen, so die EU-Kommission. Zu den entscheidenden Faktoren zählten elektronische Bezahlsysteme, Systeme zur elektronischen Rechnungsstellung, Authentifizierungssysteme und Verbraucherrechte.
Die nun vorgestellte Agenda enthält Pläne, wie man bis Ende 2010 den einheitlichen Euro-Zahlungsverkehrsraum (Sepa), an dem 32 Mitgliedstaaten beteiligt sind, zum Abschluss bringen will. Außerdem soll es bis dahin einen Rahmen für ein europäisches System zur Rechnungsstellung geben. Für elektronische Authentifizierungssysteme will die EU bis Ende 2011 einen gesetzlichen Rahmen für die grenzüberschreitende Erkennung und Interoperabilität schaffen.
Die Beseitigung von Ungleichheiten im europäischen Urheberrecht sind ein weiteres Ziel der Digitalen Agenda. Bis Ende 2010 soll ein Vorschlag für ein europaweites Online-Lizenzrecht ausgearbeitet werden. Die Kommission werde außerdem „bis 2012 über die Notwendigkeit von zusätzlichen Maßnahmen zum Schutz vor fortgesetzter Verletzung des geistigen Eigentums im Online-Raum Bericht erstatten. Die Maßnahmen werden im Einklang mit den Garantien des Telecoms Framework und mit den grundlegenden Rechten des Datenschutzes und der Privatsphäre sein.“
Zum Thema Gesundheitswesen ist in der Agenda vorgesehen, allen Europäern bis 2015 sicheren Online-Zugriff auf ihre medizinischen Daten zu geben. Bis 2020 wolle man ein breites Netz telemedizinischer Dienste aufbauen. Die Kommission regt an, einen Kernbestand von gemeinsamen Patientendaten zu schaffen, um die Krankenakten interoperabel zu machen. So könnten diese Kerndaten bis 2012 innerhalb der EU länderübergreifend eingesehen und ausgetauscht werden.
„Die Idee ist, dass man auf einer Reise durch Europa bei einer Erkrankung im Ausland auf die eigenen Patientendaten zugreifen kann. So kann man dem behandelnden Ärzten helfen, wo immer man sich auch befindet“, erklärt Jonathan Todd, der Sprecher von Kroes. Todd machte aber keine Angaben darüber, ob diese Daten auch an Dritte wie Microsoft oder Google weitergegeben werden sollen, die beide eifrig an E-Health-Systemen arbeiten.
Die französische Bürgerrechtsgruppe La Quadrature du Net kritisierte in einer Stellungnahme die lasche Haltung der EU-Kommission zum Thema offene Standards. In der finalen Version der Digitalen Agenda seien Bezüge auf offene Standards, die in den Entwürfen noch vorhanden waren, entfernt worden. Das sei „eine Niederlage für Innovationen und Wettbewerb im Internet“ sowie „ein deutliches Zeichen für den gefährlichen Einfluss der Lobbyisten von proprietären Softwareherstellern auf die Kommission“.
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