Der Hightech-Verband Bitkom warnt vor einer voreiligen Abschaffung des elektronischen Einkommensnachweises (ELENA). Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) will das umstrittene Verfahren zur Speicherung von Arbeitnehmerdaten für unbestimmte Zeit auszusetzen, da die finanzielle Belastung der öffentlichen Haushalte zu hoch sei.

„ELENA senkt den bürokratischen Aufwand sowohl für die staatlichen Stellen als auch für die beteiligten Unternehmen. Deshalb können wir nicht nachvollziehen, dass primär Kostenargumente gegen das Verfahren vorgebracht werden“, sagte Bitkom-Präsident August-Wilhelm Scheer. Gegenüber den bisher üblichen papiergebundenen Verfahren würden zudem Datenschutz und Datensicherheit verbessert.

„Primär auf die Kosten für die Ausgabe der Chipkarten und die elektronische Signatur zu schauen, greift zu kurz“, so Scheer weiter. Beispielsweise könnten durch die elektronische Datenübermittlung fehlerhafte Anträge auf Arbeitslosengeld I schnell erkannt und effizient behoben werden. Das Bundeswirtschaftsministerium hatte das Einsparpotenzial für die Unternehmen ursprünglich auf rund 85 Millionen Euro jährlich geschätzt. Jetzt will es allerdings prüfen, ob diese Prognose auch zutrifft.

Scheer: „Bei Modernisierungsprojekten wie Elena brauchen wir eine nachhaltige Politik, die sich nicht durch kurzfristige Bedenken irritieren lässt. Wenn Verbesserungen notwendig sind, muss man im laufenden Projekt schnell verbessern, nicht stoppen. Wir müssen bei E-Government nach vorne kommen. Eine Hü-Hott-Politik bringt uns nicht weiter.“ Es bestehe die Gefahr, dass sich ELENA in eine Reihe öffentlicher Modernisierungsprojekte einfüge, die ohne den notwendigen politischen Nachdruck und langen Atem betrieben werde. Auch die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte sei immer wieder verzögert worden.

Wirtschaftsminister Brüderle kamen die ersten größeren Zweifel an ELENA schon im April. Damals überlegte er, das Verfahren für den Mittelstand auszusetzen. Kritiker wandten ein, dass das Durcheinander dadurch nur vergrößert und das erklärte Ziel – weniger Bürokratie – ad absurdum geführt werde.

Nun scheint Brüderle einen kompletten Rückzug vorzuziehen. Der Unterstützung der Datenschützer kann er sich sicher sein. Angesichts von 650 Feldern, die mit teils sensiblen Informationen wie Kündigungsgrund ausgefüllt werden müssen, hatten sie von Anfang an heftig protestiert. Der Bürgerrechtsverein FoeBud legte eine Verfassungsbeschwerde ein, die bundesweit mehr als 20.000 Menschen unterstützten.

HIGHLIGHT

Vorratsdatenspeicherung: Freibrief für den Gesetzgeber

Den Prozess gegen die Vorratsdatenspeicherung beim Bundesverfassungsgericht haben die Kläger nur formal gewonnen. Der Gesetzgeber darf die Daten trotzdem erheben lassen. Der Datenschutz wurde um über 25 Jahre zurückgeworfen.

ZDNet.de Redaktion

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