Eine US-Bundesrichterin hat am Freitag entschieden, dass der gegen den Physik-Doktoranden Joel Tenenbaum im August 2009 wegen Urheberrechtsverletzungen verhängte Schadenersatz „verfassungswidrig überhöht“ ist. Das berichtet The Boston Globe in seiner Online-Ausgabe. Statt 675.000 Dollar (535.000 Euro) muss Tenenbaum nun nur noch 67.500 Dollar, also ein Zehntel der ursprünglichen Summe, an den US-Musikverband RIAA zahlen, der die Interessen der vier großen Musiklabels vertritt.
Die Entscheidung von Richterin Nancy Gertner macht deutlich, dass immer mehr Richter nicht mit der Höhe der Schadenersatzforderungen einverstanden sind, die Geschworenengerichte in den USA verhängen. Schon im Januar hatte Michael Davis, oberster Richter am Bundesgericht in Minnesota, die 1,92-Millionen-Dollar-Forderung gegen Jammie Thomas-Rasset für nichtig erklärt. Sie muss für das Bereitstellen von zwölf Liedern in einer Tauschbörse jetzt nur noch 54.000 Dollar zahlen.
Laut Corynne McSherry, Anwältin der Electronic Frontier Foundation,kommt Gertners Urteil besondere Bedeutung zu, da sie ihre Entscheidung mit den Regeln für gesetzlich vorgeschriebene Entschädigungen begründe. „Gertner sieht es als erwiesen an, dass der US-Kongress die gesetzlichen Regeln nicht auf diese Weise angewendet sehen will“, sagte McSherry. Die ursprüngliche Summe sei weit über das hinausgegangen, was die Abgeordneten beabsichtigt oder in Betracht gezogen hätten.
Die RIAA, die seit 2008 keine Einzelpersonen mehr verklagt, kritisierte das Urteil. Das Gericht habe sich mit seiner Entscheidung über zehn Geschworene und den Kongress hinweggesetzt. „Die Geschworenen hatten eine Woche lang sorgfältig die Beweise in diesem Fall geprüft, darunter auch den erheblichen Schaden, den die Musikbranche genau wegen der Handlungen erlitt, die der Beklagte eingestanden hatte.“
Tenenbaum sagte gegenüber dem Boston Globe, er sei sehr glücklich über die Reduzierung des Schadenersatzes. Allerdings könne er die geforderten 67.500 Dollar nicht bezahlen. Der Anwalt und Blogger Ben Sheffner weist darauf hin, dass Tenenbaum vor Eröffnung des Verfahrens im Rahmen eines Vergleichs die Möglichkeit gehabt hätte, den Rechtsstreit mit der RIAA gegen die Zahlung von 4000 Dollar beizulegen. Nun müsse er 2250 Dollar für jeden der von ihm verteilten 30 Songs zahlen.
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