Memristor: Was ist es, was kann es und wann kommt es?

Auf Chuas theoretischen Vorarbeiten aufsetzend gelang es Hewlett-Packard vor gut zwei Jahren im Labor den ersten Memristor zu bauen. Wie bei so vielen großen Entdeckungen klingt auch in diesem Fall die Vorgehensweise recht simpel: Die Forscher kombinierten Kupferdrähte mit günstigem, weit verbreitetem und leicht zu verarbeitendem Titandioxid. Dessen Besonderheit: je nach Sauerstoffgehalt verhält es sich wie ein Metall oder ein Halbleiter. Ein biegbares Modell demonstrierte das U.S. National Institute of Standards and Technology (NIST) im Sommer 2009.

Ist die Serienreife erreicht, will HP Memristoren nicht selbst produzieren, sondern an die üblichen Fertiger lizenzieren. Damit soll sichergestellt sein, dass die Technologie die nötige Verbreitung am Markt bekommt und die Produktionskosten im Rahmen bleiben. Gefertigt werden sollen die Memristoren mit einer der bisher in den Fabriken verwendeten sehr ähnlichen lithographischen Technik.


Stanley Williams und Leon Chua bei ihrem Besuch im Deutschen Museum. Sie kamen, um im Zentrum für neue Technologien des Museums ein Modell des Memristor einzuweihen (Bild: ZDNet).

Williams persönlich schätzt, dass in drei Jahren erste Geräte mit Memristoren auf den Markt kommen. Derzeit habe man versuchsweise 300-Millimeter-Wafer hergestellt. Offenbar hat HP jedoch die Phase der Vorarbeiten schon verlassen. Legt man die Planungs- und Produktionszyklen von herkömmlichen Chips zugrunde, müsste HP schon mit einigen Fertigern in fortgeschrittenen Gesprächen stehen, wenn das von Williams anvisierte Ziel erreicht werden soll: „Es gibt für jede Technologie ein Zeitfenster, in dem sie erfolgreich am Markt platziert werden kann. Flash ist nahezu ausgereizt, die Leistungsmerkmale werden sich bald nicht mehr wesentlich optimieren lassen.“ Das sei dann der richtige Zeitpunkt für den Markteintritt von Memristor.

Nie mehr booten

Memristor ist aber wesentlich mehr als ein Ersatz für USB-Speichersticks. Die neue Technologie soll auch gleich noch DRAM, SRAM, SSDs und Festplatten ablösen. Vielleicht nicht alle auf einmal, aber doch eine nach der anderen. Schaltet ein Nutzer seinen Laptop heute aus, müssen die für seine Arbeit wichtigen Daten aus dem DRAM erst auf die Festplatte (oder demnächst die SSD) übertragen werden. Beim Neustart findet der Datenabgleich in umgekehrter Richtung statt.

Anders als DRAM „vergisst“ Memristor aber nichts – auch wenn keine Spannung anliegt. Der Nutzer kann daher sofort nach dem Anschalten da weiterarbeiten, wo er das letzet Mal aufgehört hat. Der zweite Vorteil, gerade bei mobilen Geräten, ist der wesentlich geringere Energiebedarf sowie die geringere Empfindlichkeit.

Kleiner Nachteil: Derzeit ist Memristor noch etwas langsamer als DRAM. Williams meint aber, Memristor sei auf alle Fälle „schnell genug“, um die gängigen Anforderungen zu bewältigen. Man könne heute ein Bit in fünf Nanosekunden schreiben, und in zwei Nanosekunden löschen. Der Energiebedarf dafür liege bei einem Picojoule. Das sei weniger als bei DRAM.

Größer ist dagegen die Speicherdichte. Zur Zeit passen ein Terabit an Daten auf einen Quadratzentimeter. Da es jedoch einfach sei, Memristor schichtweise übereinander anzuordnen, sei ein Terabyte pro Quadratzentimeter durchaus möglich. In drei Jahren, zur Marktreife, rechnet Williams mit einer Speicherdichte von 20 GByte pro Quadratzentimeter. „Das ist ungefähr so viel, wie Flash dann schaffen wird“, so Wiliams.

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ZDNet.de Redaktion

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