Wikileaks hat fast 92.000 als „geheim“ eingestufte Dokumente veröffentlicht, die direkt mit dem Krieg in Afghanistan in Zusammenhang stehen. Auf der Site werden anonym Informationen zur Verfügung gestellt, die nach Ansicht der Betreiber von öffentlichem Interesse sind.

Wikileaks gab die Informationen vorab dem Spiegel, der New York Times (NYT) sowie der britischen Tageszeitung Guardian. Alle drei Medien sind zum gleichen Ergebnis gekommen: Die Dokumente sind echt. Sie bieten laut Spiegel „ein ungefiltertes Bild des Krieges – aus Sicht der Soldaten, die ihn kämpfen“. Der Guardian bezeichnete sie als „niederschmetterndes Porträt des gescheiterten Kriegs in Afghanistan“.

Etwa 76.900 Akten der „Afghanischen Kriegstagebücher“ tauchten Sonntag Abend auf Wikileaks.org auf. Sie datieren von Januar 2004 bis Dezember 2009. Die Veröffentlichung der restlichen 15.000 Dokumente zögerten die Betreiber hinaus, nach eigener Aussage, um sensible Informationen wie Namen zu entfernen. Mittlerweile wurde eine eigene Subdomain zum „Afghan War Diary“ eingerichtet.

In einem von der NYT veröffentlichten Memo schreibt National Security Advisor James Jones: „Die Vereinigten Staaten von Amerika verurteilen aufs Schärfste die Enthüllung geheimer Informationen, die das Leben von Amerikanern und unseren Partnern sowie die nationale Sicherheit gefährden.“ Wikileaks habe keine Anstrengung unternommen, die amerikanische Regierung bezüglich der Dokumente zu kontaktieren. In einer offiziellen E-Mail des Weißen Hauses heißt es weiter: „Wikileaks ist keine objektive Nachrichtenquelle, sondern vielmehr eine Organisation, die die US-Politik in Afghanistan ablehnt.“

Die veröffentlichten Dokumente enthalten unter anderem detaillierte Auflistungen von Todesopfern – militärische wie zivile. Channel-4-Analyst Stephen Grey hat die Zahlen zusammengefasst. Demnach starben 15.506 Feinde, 4232 Zivilisten und 1138 Mitglieder der NATO-Truppen. In einem Interview mit Channel 4 vergleicht Wikileaks-Gründer Julian Assange den Einfluss der Dokumente mit den in den 1970er Jahren durchgesickerten Pentagon Papers. In einem Spiegel-Interview sagt Assange: „Diese Daten sind die umfassendste Beschreibung eines Krieges, die es jemals während eines laufenden bewaffneten Konflikts gegeben hat – also zu einem Zeitpunkt, an dem man noch etwas zum Guten wenden kann.“

Wikileaks verfügt laut Assange über diverse militärische Quellen. Die Organisation selbst weiß nicht, wer die Informationen weitergegeben hat. Der erste Wikileaks-Informant, dessen Identität öffentlich bekannt wurde, war der Sodat Bradley Manning, der Anfang Juli wegen Verrats angeklagt worden war. Manning hatte seine Identität in einem Online-Chat preisgegeben. Er soll dem Portal jenes Video zugespielt haben, in dem US-Soldaten aus einem Kampfhubschrauber auf unbewaffnete Iraki schießen. Ihm drohen mehrere Jahre Haft.

ZDNet.de Redaktion

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