Die internationalen Reaktionen auf die Veröffentlichung von fast 92.000 geheimen Dokumenten durch Wikileaks klaffen weit auseinander: Die afghanische Regierung zeigt sich entsetzt, ist aber nicht überrascht; US-Präsident Barack Obama sieht die nationale Sicherheit gefährdet; ein Sprecher des pakiastanischen Präsidenten Asif Ali Zardari sagte in einem Telefoninterview, an den Informationen sei „nicht viel dran“ – und Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg will von alledem seit Jahren gewusst haben.

Vieles, was nun bekannt wurde, sei für ihn „nicht gänzlich überraschend“, sagte Guttenberg im ZDF-Morgenmagazin (Video). Die Existenz der US-Spezialeinheit „Task Force 737“ (TF 737), deren Operationen der Spiegel in seiner Printausgabe im Detail nachzeichnet, sei „nun wirklich kein Geheimnis“ gewesen. Informierte, darunter auch Fachjournalisten, hätten seit Jahren Bescheid gewusst. „Es ist bekannt gewesen, dass Task Forces bestimmten Aufgaben nachgehen.“ Doch für diese gebe es einen „ganz klaren Rahmen“.

Man habe über die letzten Jahre einiges weichgezeichnet. Vieles werde geheim gehalten, jedoch aus gutem Grund – auch der Sicherheit der eigenen Leute wegen. Ob eine Gefährdung der nationalen Sicherheit vorliege, wie sie US-Präsident Obama beschwört, werde derzeit überprüft.

„Die Probleme und Missstände, über die in diesen Dokumenten berichtet wird, sind Beobachtern der ISAF-Mission seit langem bekannt“, sagt auch Politikwissenschaftler Markus Kaim in einem Interview mit der ARD. Er hält die Aussage, die Dokumente beschrieben die „wahre Dimension des Krieges“ (Spiegel), für eine Übertreibung. Für die US-Regierung sei es unangenehm, „dass es im militärischen Apparat undichte Stellen gibt und dass jemand – vermutlich aus dem Pentagon – diese geheimen Dokumente an Wikileaks weitergegeben hat. Das ist peinlich und ärgerlich für jede Regierung.“

Aller Peinlichkeiten zum Trotz scheint die US-Regierung weniger gut informiert gewesen zu sein, was die Lage in Afghanistan angeht. Robert Gibbs, ein Sprecher des Weißen Hauses, bezeichnete es als „alarmierend“, dass so viele „Top-Secret-Dokumente“ öffentlich im Internet einsehbar seien. Es handle sich um einen Verstoß gegen das Gesetz – der bereits untersucht werde. Sicherheitsberater James Jones verurteilte die Veröffentlichung aufs Schärfste.

ZDNet.de Redaktion

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