Musikbranchenlegende Jac Holzman, Gründer von Elektra Records und Entdecker der „Doors„, sieht im Unterschied zu jüngeren Kollegen die Zukunft der Musikbranche im digitalen Zeitalter rosig. Mit Hinblick auf das Web sagte der 79jährige zu ZDNet: „Meiner Ansicht nach hat die Musikbranche gute Zukunftsaussichten.“
Holzman, der schon technische Umbrüche wie die Einführung der CD mitgemacht hat, hat sich noch nicht komplett aus dem Berufsleben zurückgezogen. Er ist Berater der Warner Music Group. CEO Edgar Bronfman Jr., der ihn engagiert hat, schätzt ihn wegen der Zusammenhänge, die er herstellen kann. „Ich finde es toll, wie Jac an das Thema ‚Musik und Technik‘ herangeht: Er betrachtet es unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsmöglichkeiten.“
Diese Sicht scheint in der Branche nicht weit verbreitet zu sein. „Ich war einmal mit einem sehr guten Freund aus der Musikbranche zum Mittagessen, so um das Jahr 2000 herum“, erzählt Holzman im Interview mit ZDNet. „Wir trafen uns etwa zu der Zeit, als Napster aufkam, und ich sagte: ‚Da gibt es Chancen, aber auch Stolpersteine. Wie bereitest Du Dich auf die Zukunft der digitalen Medien vor?‘ Er sagte: ‚Jac, ich will nur, dass es aufhört.‘ Damit ist so ein Gespräch einfach beendet.“
Holzman erinnert sich noch an die Zeit, als er bei Warner die CD einführte. Die meisten Chefs fühlten sich damals von der Idee angezogen, dass sie ihre Kataloge in dem neuen Format verkaufen könnten. Die CDs hätten sich finanziell als Segen herausgestellt. Erst viel später habe er erkannt, dass die Labels durch den Verkauf der CDs lauter Masterkopien ihrer Aufnahmen in die Haushalte schickten.
Das stellte sich als Hypothek heraus, als die ersten CD-Brenner auf dem Markt erschienen. Mit ihnen konnten die Kunden nicht autorisierte Kopien der Musik in hoher Qualität herstellen und mit anderen tauschen. „Das habe ich nicht kommen sehen“, sagt Holzman mit Bedauern. „Ich wusste, dass es CD-Brenner gibt, aber dass die Hersteller sie in Computer einbauen würden – das hat mich überrascht.“
Die großen Labels hätten aber eine Dummheit begangen, als sie Napster mit Klagen überzogen. Die Einführung der CD habe die Musikindustrie nämlich damals der Möglichkeit beraubt, Songs einzeln zu verkaufen, wie sie es zuvor mit den Singles getan hatte. Durch die Herstellungskosten der CD hätten sich laut Holzman nur noch komplette Alben im Verkauf gelohnt.
„Über Napster hätte man ganz leicht wieder Singles vertreiben können“, sagt Holzman heute. „Es hätte keine Fertigungskosten gegeben. Man hätte Singles als Visitenkarten und Türöffner für die Alben nehmen können. Und man hätte einzelne Songs für 79 US-Cents verkauft, also erschwinglich. Man hätte die Verkäufe auch zählen können, weil alle Transaktionen über einen zentralen Server bei Napster liefen. Bei Peer-to-Peer-Netzwerken (P2P) werden diese Server umgangen. Hätte es P2P trotzdem gegeben? Natürlich. Aber wir hätten wenigstens die Sitte eingeführt, für digitale Musik zu bezahlen.“
Holzman stimmt beim Thema „freie Kultur“ deren Vorkämpfer Lawrence Lessig, der für ein weniger restriktives Urheber- und Markenrecht eintritt, in einigen Punkten zu. „Meiner Ansicht nach hat Lessig einige gute Ideen. Wir müssen so frei mit unserer Musik umgehen, dass die Menschen sie an ihre eigenen Zwecke anpassen und neue Werke aus den Bausteinen unserer Musik schaffen können. Ich weiß aber, dass ich damit die meisten meiner Kollegen bei den Labels zur Weißglut bringen kann.“
Holzman ist dafür, dass die Internet-Provider (ISP) eine Abgabe an die Musikindustrie zahlen. „Wir sollten Geld für unsere Musik bekommen“, fordert Holzman. „Wir haben das Recht auf einen Beitrag der ISP. Sie haben unsere Musik lange genug gratis benutzt.“ Er finde es aber trotz allem sehr ermutigend, erste Zeichen zu sehen, dass die großen Labels das digitale Geschäft in den Griff bekommen. „Ich glaube, niemand hat mehr Angst davor. Ich sehe mir die Firmen an – und ich kenne alle und habe mit allen geredet, die für das digitale Geschäft zuständig sind. Sie sind alle darauf eingestiegen. Jetzt sind sie gerade dabei, herauszufinden, wie sie die Technik für sich nutzen können.“
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