Dass eine knappe Mehrheit im EU-Parlament den Gallo-Report heute gebilligt hat, ist ein Zeichen des Unwillens, die technischen Veränderungen der letzten 10 Jahre anzuerkennen und das Urheberrecht der Realität anzupassen. Digitale Kopien von urheberrechtsgeschützten Werken sind heutzutage nicht mehr kontrollierbar. Das hat nicht einmal etwas mit dem Internet oder Filesharing zu tun.

Mithilfe einer Micro-SD-Karte mit 16 GByte Speicher lassen sich etwa 120 CDs in wenigen Minuten tauschen, wenn die Songs in guter Qualität mit 256 KBit/s aufgenommen wurden und jede CD 70 Minuten Musik beinhaltet. Die Nutzung von P2P-Netzen macht den Tausch bequem. Sollte eine Schnüffel- und Sperrinfrastruktur ihn tatsächlich wirksam verhindern, werden die Nutzer andere Möglichkeiten finden.

Will man den Tausch auf USB-Sticks und Speicherkarten verhindern, muss man "Copyrightdetektive" auf jeden Schulhof stellen, die nachweisen sollen, dass zwei Schüler mit ihren Smartphones über WLAN mit 802.11n illegal Musik tauschen.

Falls die Nutzung von P2P-Netzwerken im Internet tatsächlich unterbunden wird, werden sich stattdessen F2F-Netze (Friend-to-Friend) durchsetzen. Dabei hält man eine direkte verschlüsselte Verbindung nur mit Leuten, die man persönlich kennt. Diese Verbindungen lassen sich auch mit DPI nicht überwachen. Dateien, die jemand besitzt, den man nicht persönlich kennt, werden nur indirekt nach dem Store-and-Forward-Prinzip übermittelt.

Mit Gesetzen, die versuchen, ein Recht durchzusetzen, das aus der Zeit der analogen Verbreitung von Tonträgern stammt, bestreiten Musiklobbyisten und Politiker einen Kampf, der nicht zu gewinnen ist. Ein Kardinalfehler ist es dabei, nach einer einheitlichen Strategie für materielle Güter, etwa gefälschte Markenuhren, und für geistiges Eigentum zu suchen. Die beiden Dinge müssen in der heutigen Zeit getrennt werden.

Nach Geschäftsmodellen für die Vermarktung von digitalen Werken zu suchen, ist Aufgabe der Musikindustrie und nicht der Politik. Die Einführung einer Kulturflatrate durch die Politik nach dem Vorbild der Rundfunkgebühren dürfte kaum Akzeptanz in der Bevölkerung finden. Schließlich ist auch die GEZ nicht gerade beliebt.

Eine freiwillige Musikflatrate nach dem Vorbild von Napster hat gute Chancen, tatsächlich genutzt zu werden. Allerdings ist sie einerseits mit zehn bis 15 Euro zu teuer und andererseits durch DRM beschränkt, was von den Nutzern nicht akzeptiert wird. Ein Preis von etwa drei Euro pro Monat für einen DRM-freien Abodienst könnte den Teufelskreis brechen. Dann würden sich auch Gelegenheitsdownloader überlegen, ein Musikabo abzuschließen und Internetprovider wären daran interessiert, diesen Dienst als Mehrwert in ihre Flatrate zu integrieren.

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ZDNet.de Redaktion

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