Mit der heutigen Verhandlung vor dem Bundesgerichtshof (BGH) zwischen Usedsoft und Oracle erreicht ein langjähriger, verbissen geführter Streit seinen vorläufigen Höhepunkt. Im Zentrum steht die Frage, ob der Erschöpfungsgrundsatz nicht nur für Software gilt, die auf einem Datenträger verkauft wird, sondern auch für Programme, die ein Nutzer per Download von der Website des Herstellers bezieht.
Gebrauchthändler Usedsoft hatte damit geworben, seinen Kunden auch Lizenzen für solche Programme zu verkaufen. Oracle hatte dagegen geklagt und vom Oberlandesgericht München zunächst Recht bekommen. Aufgrund eines Revisionsantrages befasste sich heute der BGH mit dem Fall.
Die Argumente der beiden Parteien
Die Anwältin von Oracle vertrat die Auffassung, dass der Erschöpfungsgrundsatz nur für „körperliche Werkstücke“ gelte. Somit wäre das Urheberrecht für Software auf Datenträgern zwar aufgehoben – für per Download bezogene Programme allerdings nicht. Usedsoft und ihre Anwältin vertreten dagegen die Position, dass der Distributionsweg nicht über den rechtlichen Status der gleichen Software entscheiden kann. „Schließlich bietet Oracle auf seiner Seite beide Möglichkeiten gleichberechtigt an“, so Thomas Huth, stellvertretender Geschäftsführer von Usedsoft.
Darüber hinaus wurde in der Verhandlung diskutiert, ob das Recht zum Weitervertrieb einer Software auch das Recht zu ihrer Nutzung beinhaltet. Laut Hauke Hansen, Anwalt bei FPS Rechtsanwälte, der in einem anderen Verfahren Adobe gegen Usedsoft vertreten hatte, ist dies derzeit noch strittig. Nach Meinung der Usedsoft-Seite besteht der Endzweck eines Softwarekaufs aber in der Installation des Programms. Sei dies nicht möglich, würde der Erschöpfungsgrundsatz quasi ins Leere laufen.
Als Verkündigungstermin für das Urteil hat das Gericht den 3. Februar 2011 festgesetzt. Noch ist der Ausgang völlig offen. Möglich ist auch, dass der Fall an den Europäischen Gerichtshof weitergeleitet wird. Dann würde das Ringen, das nicht nur für Unternehmenssoftware, sondern möglicherweise auch für den Weitervertrieb von bei iTunes und seinen Wettbewerbern erworbenen Musikstücken und PC-Spielen bedeutsam sein könnte, in eine neue Runde gehen.
Szenario 1: Sieg von Oracle
Axel Oppermann, Analyst der Experton Group, erwartet sich jedoch ein Stück Sicherheit in rechtlichen Fragen vom Urteil des BGH. Doch er betont, dass es in dem Verfahren nur um eine Facette der grundsätzlichen Diskussion gehe. Schließlich bezieht sich der Streit zwischen Oracle und Usedsoft nur auf Software, die online in Verkehr gebracht wurde. Wichtige Themen, etwa die Aufteilung von Volumenverträgen, müssten darüber hinaus zeitnah geklärt werden.
Szenario 1: Sieg von Usedsoft
Sollte jedoch Usedsoft gewinnen und der Handel mit online in Verkehr gebrachten Lizenzen künftig möglich sein, ergäben sich für die Händler deutlich mehr Möglichkeiten. Der Online-Distributionskanal gewinnt zunehmend an Bedeutung. So vertreibt Oracle zum Beispiel nach eigener Aussage mittlerweile 85 Prozent seiner Software auf diesem Weg. „Der Markt für gebrauchte Software erhielte neue Impulse, wenn Usedsoft Recht bekäme“, so Oppermann. Auch die Kunden könnten seiner Meinung nach davon profitieren. „Die Beschaffungslage würde sich entspannen und die Preise für gebrauchte Software würden sich nochmals nachhaltig reduzieren.“
Mögliche weitere Auswirkungen
Während ein Urteil im Sinne von Usedsoft die Geschäftsmöglichkeiten der Händler deutlich erweitern würde, hätte laut Oppermann ein Sieg von Oracle zunächst nur wenig Konsequenzen. Denn zur Zeit werden Lizenzen, die sich auf online vertriebene Software beziehen, in der Regel nicht gehandelt. Falls der BGH den Erschöpfungsgrundsatz für den Handel mit Lizenzen von Download-Software ausschließt, hätte das daher „nahezu keine Auswirkungen auf das Tagesgeschäft der Händler von Gebraucht-Software“, so Oppermann. Aber: „Das Urteil würde sich extrem negativ auf das Image der Händler auswirken.“
Nach Meinung von Anwalt Hansen ist eine veränderte öffentliche Wahrnehmung zumindest von Usedsoft aber ohnehin notwendig. „Usedsoft stellt sich immer ein bisschen wie Robin Hood dar“, sagt Hansen. Aber dieses Bild sei nicht richtig. Denn die Software-Hersteller sind laut Hansen nicht prinzipiell gegen den Handel mit Gebrauchtsoftware: „Sie wollen nur wissen, wo ihre Lizenzen sind. Und das halte ich für legitim.“
Dagegen hält Huth Herstellern wie Oracle vor, wie Monopolisten zu agieren. Als Beleg dient ihm eine Aussage der Anwältin Cornelie von Gierke, die Oracle am BGH vertritt. Diese sagte, Oracle befürchte, dass der Vertrieb von Gebrauchtsoftware „den Markt verstopfen“ könne.
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