Die Europäische Union entwickelt zusammen mit dem European Service Network (ESN) ein Online-Rollenspiel mit integrierter Social-Networking-Plattform. „Citzalia“ geht demnächst in die Betaphase und soll bis Ende 2010 in 23 Sprachen zur Verfügung stehen.
„Citzalia ist Demokratie in Aktion“, heißt es auf der Projekt-Website. Die Plattform sei ein Mittel, zu verstehen, wie das EU-Parlament funktioniere.
Das Projekt kostet 275.000 Euro; das EU-Parlament finanziert 75 Prozent, den Rest stellt die Entwicklerfirma ESN, eine Brüsseler Kommunikationsagentur, die bis dato für die Produktion von Broschüren und Websites der EU verantwortlich war. „Wir denken schon lange darüber nach, wie wir die Kommunikation mit der EU erleichtern und wie wir Bürger in EU-Prozesse einbinden können“, erklärt Michael Fallise, Hauptentwickler von Citzalia bei ESN.
Nutzer von Citzalia haben die Möglichkeit, einen Avatar zu erstellen, der sich durch eine 3D-Welt bewegen lässt. Dort soll es Diskussionsforen geben, ebenso wie einen virtuellen Presseraum, den sie mit Artikeln füllen können, ein „Lex Lab“, in dem fiktive Gesetze entwickelt und diskutiert werden, sowie eine Bibliothek und eine Messehalle, in der virtuelle Ausstellungen stattfinden. Wer aktiv ist, erhält dafür Punkte, kann dadurch weitere Funktionen freischalten und Level aufsteigen.
Auch Mitglieder des Parlaments und andere EU-Funktionäre sollen per Avatar unterwegs sein, direkt mit den Bürgern interagieren und falsche Ansichten über die EU „korrigieren“. Es werde zwar keine Zensur geben, aber man sehe „ein hohes Risiko, dass Falschinformationen eingespeist werden“, erklärte ESNs Projektmanager Ahmed ElAmin gegenüber der britischen Tageszeitung Guardian.
Der Start der Betaphase war ursprünglich für Ende September geplant gewesen. Schon vor Beginn des Projekts ist die Skepsis jedoch groß. ESN habe „die Beliebtheit von Online-Games wie World of Warcraft erkannt und gedacht, sie könnten aus dem Europäischen Parlament eine Art legislatives Mittelerde machen“, schreibt der Guardian. Der Brüsseler Blogger Jon Worth befürchtet, Citzalia werde ein „virtuelles Geisterparlament mit immensen Kosten und sehr wenigen Nutzern“.
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