Nach der Veröffentlichung von 400.000 geheimen Dokumenten zum Irakkrieg vergangenen Freitag ist Wikileaks erneut ins Visier der amerikanischen Regierung geraten. Die Tageszeitungen Washington Post und Washington Times – sonst häufig uneins – ergehen sich in Spekulationen darüber, dass die Organisation das erste öffentliche Ziel eines Cyberangriffs der US-Regierung werden könnte.

Im Mai 2010 hatte das sogenannte Cyber-Kommando seinen Dienst aufgenommen. Es ist befugt, „das gesamte Spektrum von Operationen im Cyberspace auszuschöpfen, um Aktionen in allen Bereichen zu ermöglichen“ – etwa die komplette Zerstörung elektronischer Infrastruktur.

„Wikileaks hat sich von einer relativ harmlosen Hilfe für Regierungsspitzel zu einer Gefahr für die nationale Sicherheit entwickelt. So sollte es auch behandelt werden“, heißt es im Editorial der Washington Times.

Einige konservative Politiker folgten dieser Linie; unter anderem Christian Whiton, ein Berater des State Department unter George W. Bush. In einer Kolumne rät er dem Militär, „Wikileaks und jedes Telekommunikationsunternehmen, dass dieser Organisation Dienste leistet, elektronisch zu überfallen“.

Wikileaks.org wird derzeit auf Servern von Amazon.com in den USA gehostet. Konkret verweist die Domain auf drei verschiedene IP-Adressen: Amazon in den USA, Amazon in Irland sowie eine Adresse, die dem französischen Betreiber Octopuce gehört. Zudem existiert eine Reihe von Mirror-Sites, etwa Wikileaks.fr, das von Gandi.net gehostet wird, sowie Wikileaks.se, Wikileaks.de, Wikileaks.nl und Wikileaks.is, deren Hosts sich derzeit in Schweden befinden.

Amazon.com war bis dato zu keiner Stellungnahme bereit; ein Pentagon-Sprecher sagte, er könne derzeit keine Antwort geben. Dean Boyd, Sprecher des Justizministerium, erklärte lediglich, man werde dem Verteidigungsministerium weiterhin bei den Ermittlungen zu den durchgesickerten Dokumenten zur Seite stehen.

Schon zur Veröffentlichung der Kriegsdokumente aus Afghanistan im Juli waren Stimmen laut geworden, die eine zwangsweise Schließung der Site forderten. Liz Cheney, Tochter von Ex-Vizepräsident Dick Cheney, erklärte damals, Wikileaks-Mitgründer Julian Assange habe eindeutig „Blut an den Händen“. „Ich würde mir wünschen, dass Präsident Obama die Regierung von Island bittet, die Website zu schließen“, sagte Cheney. „Ich würde mir auch wünschen, dass er sich dafür einsetzt, dass wir die Site selbst schließen, wenn Island es nicht tut.“ Wikileaks.org wurde zu jener Zeit auf einem Server in Schweden gehostet.

Schwedens Einwanderungsbehörde hat Wikileaks-Gründer Julian Assange unterdessen eine Aufenthaltserlaubnis verweigert, wie die Nachrichtenagentur Associated Press meldet. Die Gründe seien vertraulich, erklärte Sprecherin Gunilla Wikstrom. Die Ermittlungen gegen Assange wegen Vergewaltigung und sexueller Nötigung laufen indes weiter.

ZDNet.de Redaktion

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