Aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamtes zufolge setzt derzeit ungefähr jedes siebte Unternehmen in Deutschland zumindest für einen Teil seiner Computer ein frei verfügbares oder quelloffenes Betriebssystem ein. Interessant daran ist, dass mit zunehmender Unternehmensgröße auch der Anteil der Open-Source-Nutzer steigt: Betrachtet man nur die Zahlen für Firmen mit mehr als 250 Mitarbeitern, liegt der Anteil der Nutzer in fast allen abgefragten Branchen über 50 Prozent.
Besonders hoch ist er mit 76 Prozent bei Firmen aus dem Segment „Information und Kommunikation“ und Betrieben, die sich mit der Reparatur von EDV- und TK beschäftigen (67 Prozent). Aber auch wissenschaftliche und technische sowie Finanz und Versicherungsdienstleister (je 63 Prozent) sowie Firmen aus dem Grundstück- und Wohnungswesen (60 Prozent) nutzen überdurchschnittlich oft Open Source.
Keine Spielwiese für technikverliebte Freaks
Wichtig ist bei diesen Zahlen, dass nur nach dem Einsatz eines Betriebssystems gefragt wurde, nicht aber, inwieweit andere quelloffene Unternehmenssoftware, etwa ein Content Management System, ein Webserver oder ein Datenanalysewerkzeug, Verwendung finden. Dennoch untermauern sie, was Michael Kienle, Geschäftsführer der IT-Novum GmbH und Vorstand der Open Source Business Foundation, für sich festgestellt hat: „Open Source ist nicht mehr nur die Spielwiese für einige wenige technikverliebte Freaks.“
Kienle hat aber auch immer wieder festgestellt, dass die Sicht auf Open-Source-Lösungen vielfach immer noch durch Vorbehalte wegen Zuverlässigkeit und Sicherheit einerseits, sowie den Irrglauben andererseits geprägt ist, Open Source sei ein kosten- und lizenzfreier Raum. Beides stimme so nicht.
Die Messlatte für Open-Source-Angebote liegt hoch
Unternehmen müssten sich die Frage stellen, wo und wie sie Open-Source-Software und darauf basierende Lösungen auf mindestens dem gleichen Niveau einsetzen können, das ihnen kommerzielle Software heute bietet. „In diesem Vergleich liegt die Messlatte für Open-Source-Angebote sehr hoch“, so Kienle. Das gelte sowohl, was Funktionsumfang und Prozessunterstützung anbelangt, als auch hinsichtlich Komplexität und Vielschichtigkeit der Infrastrukturen sowie der Applikationen selbst.
Unterschiedliche Reifegrade von Open Source
In der eigentlichen Infrastruktur, wo Open Source seine ersten Schritte gemacht hat, seien quelloffene Lösungen heute oft schon dominant oder auf bestem Wege dazu, es zu werden. Als Beispiele nennt Kienle Apache, MySQL, und Asterisk. Aber auch beim IT Service Management, etwa mit Nagios oder dem darauf aufsetzenden it-cockpit seiner Firma für Netzwerkmonitoring und -verwaltung, sowie OTRS für den Helpdesk sei der Reifegrad von Open-Source-Anwendungen schon sehr hoch.
Bei den Fachanwendungen habe CRM die ausgereiftesten Open-Source-Angebote vorzuweisen. Für Enterprise Content Management und Dokumentenmanagement stünden mit Typo3 und Alfresco ebenfalls zwei weitgehend ausreichende Werkzeuge zur Verfügung. Dasselbe gelte für den Bereich Business Intelligence mit den Angeboten von Jaspersoft und Pentaho.
Neben technischen Anforderungen müssten aber auch formale Vorgaben durch Compliance- und Risiko-Management sowie die Ansprüche der Fachabteilungen erfüllt werden. Dazu sei im Unternehmen eine klar definierte Open-Source-Strategie notwendig. Wer die jedoch habe, der könne mit der Perspektive arbeiten, bald ein 100-Prozent-Open-Source-Unternehmen zu werden. Wie sich Kienle den Weg dahin vorstellt und warum er sich lohnt, erklärt er im Video-Interview mit ZDNet.
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