Die Hamburger Sparkasse hat nicht aufgepasst, was sie tut. Oder nicht gründlich darüber nachgedacht, wie ihr Handeln bei den Kunden ankommen könnte. Also klärt der NDR diese darüber auf: Die Bankmitarbeiter wüssten aufgrund psychologischer Profile ihrer Kunden über deren Anlagetypus Bescheid und würden dieses Wissen mit Hilfe von extra einstudierten, heimtückischen Verkaufstechniken ausnutzen.
Ein Skandal also, weil der Rundfunk herausfindet, dass die Menschen in der Bank nicht unbedingt beraten, sondern in erster Linie verkaufen. Wie absurd, bei einem profitorientierten Unternehmen. Die Folge waren in deutschlandweit oft gelesenen Medien Schlagzeilen wie „Die Psychotricks der Sparkasse„, Ins Gehirn hineingeschleimt„ und „Das ist ekelhaft„.
Offenbar haben sich die Hamburger Anlagenverkäufer bei ihren geschmähten Aktivitäten auf ein von der Unternehmensberatung Nymphenburg entwickeltes, Limbic genanntes Konzept zur Verkaufssteigerung gestützt. Wie es funktioniert, haben die Berater in drei Büchern ausführlich dargelegt. Nutzen darf man es aber nur mit Lizenz oder im Rahmen eines beauftragten Projektes.
Die Grundidee kurz zusammengefasst: Die meisten Menschen entscheiden beim Einkauf nicht rein rational, sondern lassen sich von ihrer grundsätzlichen Einstellung und Gefühlen bewegen. Spricht man die mit an – entweder bildlich oder verbal – löst das nicht gerade einen Kaufreflex aus, hilft aber ungemein. Wer einen Gebrauchtwagenverkäufer im Bekanntenkreis hat oder schon mal auf einem Bazar war, wird daran nichts revolutionär Neues finden – auch wenn die Nymphenburg-Marketing-Gurus es als solches verkaufen (PDF).
Der zweite Haken an der Sache mit der Hamburger Sparkasse ist die Tatsache, dass der Bankangestellte nicht unbedingt im jeweiligen Gespräch die Einstellungen und den Charakter seines Gegenübers ergründen musste, sondern dass ihm darüber bereits Informationen vorlagen. Die Sparklasse versichert, die habe man in Übereinstimmung mit den geltenden Gesetzen gesammelt. Es seien also zum Beispiel keine Abhebungen oder Zahlungen mit der EC-Karte analysiert und für das Profil aufbereitet worden.
Immer mächtigere CRM-Systeme als Problem?
In anderen Branchen ist man weniger zimperlich. Mit Hilfe immer ausgefeilterer CRM-Systeme sammeln die Unternehmen immer umfangreichere Datenmengen ihrer Kunden. Manche Anbieter halten etwa reines CRM nicht für zeitgemäß. Notwendig sei heute die Integration mit Enterprise Resource Planning. Andere sehen große Vorteile darin, das Web 2.0 nach Informationen zu durchstöbern – derzeit noch über sich selbst, bald jedoch sicher auch über die Kunden.
Damit ist aus den alten Tools, die dem Anrufer endlose Wiederholungen seines Anliegens oder der Vertriebsleitung Kontrolle über die Tätigkeit ihrer Vertriebsmannschaft geben sollten, inzwischen auch mit Hilfe angeflanschter Business-Intelligence-Lösungen ein mächtiges Informationswerkzeug geworden. Es rückt sicher bald in den Fokus von Datenschützern und wird in den kommenden Monaten bestimmt noch für die eine oder andere Schlagzeile sorgen: In einem Land, in dem das Fotografieren einer Häuserfassade schon für wochenlangen Medienrummel sorgt, ist die umfassende Datensammlung über Kunden ein Garant für zahlreiche Schlagzeilen.
Was sagen die CRM-Anbieter dazu?
Was sagen die Anbieter solcher Tools dazu? „Eine Vogelstrauß-Reaktion ist die falsche Antwort auf die Frage nach dem Schutz von Kundendaten, stattdessen muss man sich den potenziellen Gefahren stellen“, sagt Tom Schuster, Vice President und General Manager bei SugarCRM Europe. „Ein CRM-System ist notwendig, um einen zentralen Überblick über die Daten und was mit diesen gemacht wird zu bekommen. Denn nur so kann das Management gewährleisten, dass Kundendaten nicht missbraucht werden. Voraussetzung sei ein offenes System, das den Kunden in den Mittelpunkt stellt und die nötige Visibilität und Kontrolle schafft, um Informationen zum Nutzen beider Seiten – und nicht zum Schaden des Konsumenten – auswerten zu können.“
Ähnlich sieht das auch Mani Pirouz, Leiter Produktmarketing Deutschland, Österreich und Schweiz bei Salesforce.com: „CRM-Tools helfen Unternehmen, ihre Kunden besser zu verstehen und kundenorientierten Service anzubieten – zum beiderseitigen Nutzen. Dabei kann Profiling ein Teil einer ganzheitlichen Kundenbeziehungsstrategie sein, die den Kunden Vorteile verschafft: Beispielsweise kann ein Mobilfunkanbieter einem Anwender gezielt Tarife anbieten, die besser zu seinem Telefonierverhalten passen. Der Kunde kann so Geld sparen und bleibt dem Unternehmen wahrscheinlich treu. Alternativ würde er aus Ärger über hohe Rechnungen vermutlich früher oder später den Anbieter wechseln.
Für Suleika Hollenhorst von der Update Software AG sind Kundendaten gerade für den Finanzdienstleistungssektor ein hochsensibles Thema. „Für einen verantwortungsvollen Umgang mit Informationen ist eine professionelle CRM-Lösung deshalb heute unerlässlich, denn nur so kann eine rollenbasierte Benutzerrechtverwaltung gewährleistet werden.“ Das stimmt, löst aber das Problem der Hamburger Sparkassse nicht wirklich.
Andere Anbieter wollen sich nicht äußern. Sie sehen weniger das Kundenbeziehungsmanagement als Problem, sondern eher die Art, wie die Kunden im Verkaufsgespräch möglicherweise beeinflusst worden seien. Damit weigern sie sich jedoch das Problem so zu sehen, wie es die breite Öffentlichkeit tut. Deren Sicht heißt etwas verkürzt: Es wurden Kundenprofile erstellt und diese missbraucht. Und genau das macht aus Sicht der jetzt am Aufschrei Beteiligten so ziemlich jedes CRM-System. Abhilfe schaffen könnte man wohl nur, wenn der Kunde Einblick in alle im CRM über ihn gespeicherten Daten erhält. Würde Ihr Unternehmen das zulassen wollen?
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