Ferdinand Porsche wird das Zitat zugeschrieben, „wir bauen Autos, die keiner braucht, aber jeder haben will“. Ähnliches ließe sich auch über Apple in Bezug auf Computer sagen. Eine derartige Marktposition weckt Begehrlichkeiten. Manche nutzen sie aus, um ein bisschen des Glanzes auf die eigene Firma und das eigene Produkt strahlen zu lassen: So gab es in den vergangenen Monaten kaum eine Verlosung oder ein Gewinnspiel, bei dem nicht auch irgendwas – bevorzugt ein iPad – von Apple mitverlost wurde.
Und zahlreiche Softwareanbieter hatten dieses Jahr nichts wichtigeres zu tun, als ihre Software in irgendeiner Form iPad-tauglich zu machen – oft ohne lange darüber nachzudenken, ob die Nutzung darauf überhaupt sinnvoll ist. Hauptsache, bei der Verkaufspräsentation sieht alles ansprechend aus …
Andere erhoffen sich, die eigene Ideenlosigkeit dadurch zu überspielen, dass sie auf der perfekten Welle der iPad-Euphorie mitsurfen. Verlage zum Beispiel, die bislang noch kein funktionierendes Online-Geschäftsmodell entwickelt haben, andererseits aber auch nicht wissen, wie sie ihr bestehendes Print-Geschäft zukunftsfähig machen. Trotz der nachlässigen Behandlung, die es erfährt, steuert es in den meisten Fällen immer noch zwei Drittel bis drei Viertel des Umsatzes und des Gewinns bei.
Um die Hassliebe zu Google zu beenden und die Konkurrenz durch die wie Pilze aus dem Boden schießenden Portale, Netzwerke und sonstigen Informationsmöglichkeiten einzudämmen, schien das iPad wie gerufen zu kommen: Man verkauft etwas, dass keiner mehr haben will einfach als Zusatzangebot von etwas, das jeder haben will: „Elektronische Lesegeräte gehören zu den Hoffnungsträgern der Zeitungsbranche“, sagte etwa Dietmar Wolff, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Deutscher Zeitungsverleger (BDZV), im Juli bei der Jahrespressekonferenz des Verbandes.
Beten und Steve Jobs danken
Die Begeisterung, mit der sich die Verleger auf dieses Modell stürzten, sagt einiges über die Verzweiflung aus, die in den Vorstandsetagen der großen Verlagshäuser herrschen muss. Beispiel gefällig? „Jeder Verleger auf der Welt sollte sich einmal am Tag hinsetzen, beten und Steve Jobs dafür danken, dass er die Verlagsbranche rettet“, hat etwa Springer-Chef Mathias Döpfner im April im Gespräch mit dem US-Journalisten Charlie Rose gesagt. Das Apple-Tablet markiere „den Beginn einer neuen Ära“, sei attraktiv, verführerisch, leicht zu bedienen und der Preis massentauglich. Vorteilhaft sei auch, dass ein funktionierendes, einfaches Bezahlmodell existiere.
Heute hat die Axel Spinger AG eine Zwischenbilanz der Erfahrungen mit iPhone und iPad gezogen. Die fällt positiv aus – sagt der Konzern. Die nackten Zahlen: Die Angebote von Axel Springer für mobile Endgeräte wurden in den vergangenen zwölf Monaten gut 500.000 Mal verkauft und über 800.000 Mal heruntergeladen. Der Löwenanteil entfällt auf die „Bild“-App für das iPhone. Sie verkaufte sich über 400.000 Mal. Es folgt „Die Welt“ mit knapp 50.000 Verkäufen für iPhone und iPad. Die noch nicht lange für das iPad erhältlichen Angebote von „Auto Bild“ kauften Nutzer 14.000 Mal. Das speziell für das iPad entwickelte Magazin „The Iconist“ wurde 7600 Mal verkauft.
„Natürlich sind die Umsätze verglichen mit dem Printgeschäft derzeit noch vergleichsweise niedrig, ein erfolgreicher Anfang ist jedoch gemacht. Unsere Erfahrungen zeigen, dass wir auf dem richtigen Weg sind, um auch in der Online-Welt ein Geschäftsmodell zu etablieren, das neben den Werbeerlösen die digitalen Vertriebserlöse als weitere Säule hat“, so Springer-Chef Döpfner. Zur Höhe von Werbe- und Vertriebserlösen aus den i-Angeboten seiner Firma gab er jedoch keine Auskunft.
Im Gespräch mit Rose im Frühjahr hatte Döpfner aber schon festgestellt, dass Apple nicht nur im Alphabet vor der Caritas kommt, sondern auch beim Geschäftssinn: Den Anteil von 30 Prozent vom Umsatz (nicht Gewinn), den der Konzern von den Anbietern der Inhalte verlangt, hielt er zwar für zu hoch, hoffte aber, dass die kommende Konkurrenz durch Microsoft, Google und Amazons Kindle da für Bewegung sorge. Aber heute, neun Monate später, ist klar, dass es trotz aller Ankündigungen und Versprechungen noch lange dauern wird, bis diese und andere Anbieter Apple eingeholt haben.
Kein anderer Erlöser in Sicht
Ein Beispiel: Drei Wochen nach dem Verkaufsstart war HPs lang erwartetes und viel diskutiertes Windows-7-Tablet Slate ausverkauft. Darüber, ob das jetzt eine Erfolgsmeldung war, kann man sich streiten: Angeblich soll HP 9000 Bestellungen erhalten aber nur 5000 Stück produziert haben. Zum Vergleich: Apple hat nach 28 Tagen von seinem Tablet bereits eine Million Stück verkauft. Der HP-Forecast von 5000 Stück zeigt also, wie kleinmütig, unentschlossen und wenig überzeugt von seinem eigenen Produkt und Windows 7 als Tablet-Betriebssystem der weltweit größte Computerkonzern war. Andere Anbieter, etwa Lenovo und LG, haben den Start ihrer angekündigten, androidbasierten Geräte vorsichtshalber auf kommendes Jahr verschoben: Offenbar befürchten sie, sich mit einem verfrühten Produkt im Vergleich mit Apple zu blamieren.
Wie das geht, hat die deutsche Firma Neofonie – leider – trefflich vorexerziert. Die Geschichte deren zunächst WePad, dann WeTab gennannten Tablets ist eine einzige Folge von Pannen, Peinlichkeiten und groben Schnitzern, mit denen sich das Unternehmen bei den großen Verlagen selbst unmöglich gemacht hat. Zumindest als Anbieter von Hardware: Die technische Umsetzung der neuen Bild-App des Spinger-Verlages für das iPad durfte Neofonie noch einmal übernehmen.
Trotz der schlechten Umsetzung war die Grundidee der Berliner gut: Sie hatten die Sehnsucht der großen Verlage nach einer Plattform für ihre Inhalte und auch die Gefahr der übergroßen Abhängigkeit von Apple erkannt und sich gleich in dieser Nische positioniert. Bei den ersten Ankündigungen spielte ein ein E-Book-Reader namens „WeMagazine Reader“, der neben einer Reihe freier Formate auch Zeitungen und Zeitschriften in einem attraktiven Format lesbar machen sollte, eine wichtige Rolle.
Apples Dolchstoß in den Rücken der Verleger
Damit erklärte sich auch das Interesse der Verlage am WeTab. Da daraus aber nichts wurde, blieb ihnen nur das iPad. Aber das will ihnen Apple jetzt auch noch wegnehmen. Wie das Branchenblatt Horizont berichtet, hat Apple das Geschäft der Verlage mit dem Tablet eingeschränkt. Einige, die iPad-Varianten ihrer Titel anbieten, wollten das Gerät in Kombination mit Abonnements verkaufen, etwa der Axel-Springer-Verlag und die „Frankfurter Rundschau“. „Wir hatten eine klare Zusage von Apple, dass die Verlage solche Pakete anbieten können“, so Hans-Joachim Fuhrmann vom Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger gegenüber dem „Spiegel“. Diese Erlaubnis habe das Unternehmen nun ohne Begründung zurückgenommen. Zu Details wolle sich Apple nicht äußern.
Rundum glücklich waren die Verlagshäuser trotz der öffentlich zur Schau gestellten Begeisterung aber auch zuvor mit Apple nicht: Verbandsfunktionär Fuhrmann machte bereits im Sommer deutlich, dass die Verlage beim E-Publishing nicht nur als Inhalteanbieter fungieren wollen: „Sie wollen auf den neuen digitalen Plattformen die Beziehung zu ihren Kunden behalten und die Verkaufspreise für ihre Produkte ebenso selbst bestimmen wie die Entwicklung des Anzeigengeschäfts.“ Wichtig in diesem Satz ist aber vor allem das Wort „wollen“, denn in der Position, Apple Forderungen zu stellen, sind die Verlage in keinster Weise.
Andererseits macht Apple ihnen ziemlich viele Vorschriften in Bezug auf Vertrieb, Inhalte und Anzeigenvermarktung. Große Aufregung gab es zum Beispiel um die App der Bild-Zeitung, deren täglicher Nackedei den diesbezüglichen Apple-Richtlinien zum Opfer fiel.
Emanzipation von Apple
„Wir können und werden als Verlage unsere Seele nicht verkaufen, nur um ein paar Kröten von Apple zu bekommen“, sagte damals etwa Wolfgang Fürstner, Geschäftsführer des Zeitschriftenverbandes VDZ. Einmal passten dem Konzern nur nackte Brüste und andere angeblich sexistische Inhalte nicht, später seien es vielleicht wichtige gesellschaftliche und politische Themen.
„Das ist Zensur und davor müssen wir uns schützen. Wenn Apple vorher klare Regeln vorgegeben und gesagt hätte, ’nacktes Fleisch verstößt gegen unsere ethischen Grundregeln‘, wären das nachvollziehbare Bedingungen, dafür könnte man noch Verständnis haben“. Dass der Konzern aber nachträglich bestimmte Inhalte entferne oder Regeln verschärfe und nach eigenem Gutdünken einzelne Marken verschone, sei nicht hinnehmbar. Zwar suche man zunächst den Dialog mit Apple, „aber gegen Willkür und die Ausnutzung von Marktmacht helfen irgendwann nur Gerichte“.
Eigene Plattform gestartet
Außerdem machte Apples Verhalten für Fürstner auch noch einmal deutlich, dass die Verlage dringend eine eigene Plattformen für ihre Inhalte im Internet entwickeln müssen, um sich unabhängiger zu machen. Ein erster Schritt dazu wurde auf der Frankfurter Buchmesse im Oktober gemacht, als die unter Führung der Bertelsmann-Tochter Direct Group entwickelte Plattform Pubbles und eine dazugehörige App vorgestellt wurde. Richtig den Betrieb aufgenommen hat der Online-Kiosk aber erst vergangene Woche. Für eine Zwischenbilanz ist es also noch zu früh. Ein Sprecher betonte gegenüber ZDNet aber, dass derzeit zwar noch die Angebote für das Apple-Tablet im Vordergrund stehen, der nächste Schritt aber Android sei.
Zuckerbrot und Peitsche
Mit Interesse beobachten werden die Verlagshäuser auch das Experiment des Springer-Verlags, der für sein Flaggschiff im mobilen Internet, die „Bild“-App, heute eine neue, aufwändige Version herausgebracht hat und gleichzeitig den Zugriff auf bild.de vom iPad aus sperrt.
Die Botschaft hier ist klar: Wer unsere Inhalte nutzen will, muss auch dafür bezahlen. Die „Bild HD“ genannte App ist über iTunes verfügbar und kann beim ersten Kauf für 79 Cent eine Woche lang genutzt werden. Danach kostet eine einzelne Ausgabe 79 Cent. Als Monatsabonnement bezahlen Nutzer für die iPad-App 12,99 Euro, für ein 3-Monats-Abo 34,99 Euro und für ein Jahresabonnement 129,99 Euro.
Es bleibt also spannend. Dazu trägt auch bei, dass die neueste Version des Apple-Mobilbetriebssystems wiederkehrende Käufe beziehungsweise Bezahlungen vereinfacht und automatisiert. Damit könnte Apple ein weiteres Stückchen der Wertschöpfungskette der Verleger an sich ziehen. Andererseits bleibt abzuwarten, ob die Android-Geräte dann, wenn sie endlich in Stückzahlen kommen, wegen eines deutlich geringeren Preises nicht doch schnell an Popularität gewinnen. Auch wenn sie technisch vielleicht im einen oder anderen Punkt unterlegen sein mögen, könnte doch die schiere Masse dafür sorgen, dass es endlich eine ernsthafte Alternative zum iPad gibt. Der Startschuss für dieses Rennen wird 2011 gegeben. Entschieden wird es aber nächstes Jahr sicher noch nicht.
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