Sollte einem einmal in lockerer Runde das Gesprächsthema ausgehen, reicht es meist, ein paar Sätze zu Filesharing, Raubkopien und Onlinebetrügereien einzuwerfen: Dazu hat jeder eine Meinung oder ein paar Erfahrungen beizusteuern. Sei es über Ärger beim Ebay-Verkauf, die raffgierige Musikindustrie oder das halbherzige Vorgehen der Justiz gegen Abofallen und andere Abzocker. Hat man Glück, ist ein Vertreter in der Runde, der den Schaden anprangert, der der Wirtschaft durch illegale Kopien entsteht: Dann ist garantiert, dass die Diskussion noch ein Weile andauert.
Erstaunlich ist, dass zu einem Thema, zu dem jeder eine Meinung hat, so wenig neutrale Umfragen vorliegen. Eine sehr interessante kommt jetzt vom Institut für Strategieentwicklung (IFSE) an der Universität Witten/Herdecke. Es erforscht den Umgang mit digitalen Inhalten, hinterfragt aber auch die gesellschaftlichen, kulturellen, politischen, rechtlichen, wirtschaftlichen und technischen Herausforderungen der Gesellschaft im Internetzeitalter. Bei einer im November 2010 veröffentlichten repräsentativen Online-Umfrage unter den 6,67 Millionen Internetnutzern in Deutschland im Alter von 14 bis 64 Jahren, den sogenannten „Webaktiven“, hat das Institut vor allem Einstellungen und Ansichten zu gesetzgeberischen Eingriffen ins Internet und Fragen des Urheberrechts ermittelt. Ausgewertet wurden die Antworten von etwas über tausend Teilnehmern.
Twitterer sind politisch interessiert
Das Interesse der Befragten an den Positionen der politischen Parteien zum Thema Internet ist umso ausgeprägter, je besser sie sich ihrer eigenen Einschätzung zufolge mit Computern auskennen. Besonders aufmerksam beobachten eifrige Twitter-Nutzer die Aussagen der Parteien zum Thema Internet: Von denen, die häufig twittern, sind 97 Prozent die Parteipositionen zum Thema Internet wichtig.
Von den Befragten, die nie twittern, sind es nur 55 Prozent. Auch eine hohe Aktivität im eigenen Blog geht in der Regel mit starkem politischem Interesse einher. Einen Zusammenhang von politischem Interesse mit der Aktivität in anderen, gängigen sozialen Netzwerken stellten die Forscher dagegen nicht fest.
43 Prozent befürchten, Opfer zu werden
Nur 7 Prozent der Befragten waren unsicher, ob sie den Unterschied zwischen legalen und illegalen Angeboten im Web bemerken. Und nur 12 Prozent räumten ein, dass sie nicht immer gleich wissen, wann sie einer Website vertrauen können. Die Webaktiven sind also in der Regel ausgesprochen selbstsicher. Angesichts der immer ausgefeilteren Methoden und der Tendenz, Malware auch über als seriös bekannte Webseiten zu verbreiten, müssten aber selbst Web-Profis ständig überprüfen, ob ihr Wissen auf dem aktuellen Stand ist, so die Autoren der Studie.
Die Zahlen werden durch die Antworten auf eine weitere Frage etwas relativiert: Insgesamt befürchten nämlich 43 Prozent der Webaktiven mehr oder weniger stark, im Internet Opfer von Betrug, Datenmissbrauch oder sonstiger krimineller Handlungen zu werden. Von ihnen wünschen sich 58 Prozent mehr Gesetze, um dagegen vorzugehen. Und selbst von denen, die nicht befürchten, im Internet Opfer zu werden, sehen 27 Prozent die Legislative in der Pflicht.
Die geforderten rechtlichen Rahmenbedingungen sollen anscheinend vor allem dem Schutz der Verbraucher dienen. Gesetzen oder Regelungen, die einem sogenannten „Three-Strikes-Modell“ nahekommen, sind wenig populär: Pläne, Personen wegen Urheberrechtsverletzungen zu verwarnen, unterstützen nur 12 Prozent. Sie bei wiederholten Verstößen mit Netzsperren zu betrafen, halten 16 Prozent für ein vertretbares Instrument.
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